Name: Christian Jürgensen Thomsen
Lebensdaten: 29. Dezember 1788 in Kopenhagen bis 21. Mai 1865 ebenda
In aller Kürze: Christian Jürgensen Thomsen war einer der Urväter der Archäologie in Dänemark. In dieser Tätigkeit schuf er die Unterteilung der Fundstücke in Stein-, Bronze- und Eisenzeit.
Im Detail: Christian Jürgensen Thomsen wurde am 29. Dezember 1788 in Kopenhagen geboren, in eine sehr reiche und einflussreiche Familie, die ihm ideale Voraussetzungen ermöglichte. Sein Vater Christian Thomsen war Justizminister, wohlhabender Kaufmann, Schiffseigener und zwischenzeitig auch Direktor der Dänischen Nationalbank. (Schon damals war die Verflechtung zwischen Reichtum und politischen Würden wohlbekannt.) Seine Mutter Hedevig Margretha geb. Jürgensen stammte ebenfalls aus einer reichen Familie von Händlern. (Damit hatte sie einigen Einfluss auf ihre Außenwahrnehmung, was die Quellenberichte, sie sei ganz besonders gläubig und weise gewesen, zumindest in Frage stellt.)
Als ältester Sohn der Familie wurde Christian Jürgensen Thomsen besonders umfassend ausgebildet, um die Geschäfte seines Vaters später übernehmen zu können. Unter anderem hatte er einen emeritierten Professor als Privatlehrer, welcher ihm vor allem Fremdsprachen beibrachte. Auch jenseits seiner formalen Bildung entwickelte der Junge eine Faszination für kultivierte Tätigkeiten. So konnte er sich für Gemälde und Kupferstiche begeistern. In dieser Zeit begann er auch seine Münzsammlung, welche später geradezu legendär werden sollte. Besonders wichtig für sein späteres Wirken war sein Engagement im Bereich der Archäologie. In Dänemark wurde diese Fachrichtung zu jeder Zeit gerade erst etabliert.
Dennoch folgte Christian Jürgensen Thomsen bis 1816, als er 27 war, dem beruflichen Pfad, den sein Vater für ihn vorgesehen hatte – als Kaufmann und Investor. Doch dann wollte Ramus Nyerup, der Sekretär der archäologischen Sammlung Dänemarks, in den Ruhestand gehen. Nyerup kannte Thomsen gut und wusste um dessen Eifer und Begabung. Also schlug er ihn als seinen Nachfolger vor und konnte diese Ernennung auch durchsetzen.
Ob diese Ernennung beim Rest der Forscher so positiv aufgenommen wurde, ist schwer zu sagen. Einerseits sprechen Thomsens spätere Erfolge im Feld der Archäologie für ihn. Andererseits wurde er erst elf Jahre später in das Gremium aufgenommen, welches die archäologische Sammlung verwaltete.
So oder so, in dieser Tätigkeit erblühte Christian Jürgensen Thomsen. Er führte zwar noch bis 1840 die Geschäfte seiner Familie, aber nur aus Pflichtgefühl, ohne große Begeisterung. (Auch weil er erst ab 1832 überhaupt für seine Leitungsposition bezahlt wurde, und ab dann auch nicht viel.) Den Großteil seiner Energien steckte er dagegen in den Ausbau der archäologischen Sammlung, für die er nun zuständig war. Unter anderem konnte er deren Bestand während seiner Amtszeit etwa vervierundzwanzigfachen. 1836 verfasste er auch eine viel beachtete Monografie zur Archäologie in den Nordischen Ländern.
Heute noch wichtig ist die Arbeit Christian Jürgensen Thomsens jedoch aufgrund eines Ordnungsprinzips, das er entwickelte. Schon damals gab es Modelle dazu, welche Entwicklungsstufen eine Zivilisation durchlaufen kann bzw. muss. Der Archäologe schuf nun ein reines Ordnungsprinzip, welches sich als viel nützlicher herausstellen sollte, als solche hochtrabenden theoretischen Überlegungen. Ganz praktikabel unterschied er archäologische Funde in die Steinzeit, die Bronzezeit und die Eisenzeit.
Dass dies eine rein pragmatische Einordnung darstellte, war auch Christian Jürgensen Thomsen und seinen Zeitgenossen bereits klar. Unter anderem war auch den damaligen Forschern bewusst, dass der Großteil der Artefakte in der Steinzeit aus Holz und Knochen bestand. Die überlebten nur die Jahrtausende bis in unsere Zeit selten. (Den Forschern des 19. Jahrhunderts war dies vermutlich sogar offenkundiger als uns heute, weil damals noch viele Alltagsgegenstände aus Holz oder Knochen hergestellt wurden, die wir heute vor allem aus Kunststoff kennen – bspw. Würfel oder Knöpfe.)
Trotzdem stellte sich dieses Konzept als extrem schlagkräftig heraus, denn Archäologen arbeiten eben mit den Artefakten, die es bis in die Jetztzeit geschafft haben. Was verrottet ist, können sie nicht betrachten. Deshalb ist diese Dreiteilung, die Thomsen damals entwickelte, heute Teil des Allgemeinwissens geworden.
Eigentlich war Thomsen mit seiner Tätigkeit vollends zufrieden, konnte aber nicht nur bei dieser einen Stelle bleiben. Während Normalverbraucher um ihren Job bangen müssen, kann jemand aus einer aristokratischen Familie sich auf Dauer gar nicht vor Anstellungen retten. So wurde Thomsen 1832 Inspektor der Königlichen Münzanstalt und 1839 Inspektor der Königlichen Gemäldesammlung. Als Münzsammler und Kunstliebhaber waren das Aufgaben, die ihm zumindest mehr zusagten, als die Familiengeschäfte zu führen. Was man auch daran erkennt, dass er ab 1840 (also direkt im Folgejahr seiner gut bezahlten Ernennung zum Gemäldeinspektor) diese Geschäfte anderen überließ. 1845 wurde er zum Staatskanzler ernannt, 1854 zum Geheimrat. 1851 und 1858 wurde er vom König mit Verdienstkreuzen ausgezeichnet.
Als die Antiquitätenkommission, die die archäologische Sammlung verwaltet hatte, 1849 aufgelöst und ins Nationalmuseum eingegliedert wurde, wurde Thomsen zum Direktor dieses Museums. Dies war eine rein organisatorische Umstrukturierung. Die Fundstücke waren von Anfang in dem Museum gelagert worden. Thomsen war nur eben der einzige Zuständige für Archäologie, der nicht entlassen, sondern befördert wurde. Die 1851 neuformierte Antiquitätenkommission, die direkt für den König arbeitete und auch Fundstücke bearbeitete, die dem Herrscher gehörten. 1860 wurde ihm gar eine Büste im Museum gestiftet. Christian Jürgensen Thomsen blieb sein Leben lang unverheiratet und hatte keine Kinder. Als er 21. Mai 1865 verstarb, hatte er eine lange Zeit der Krankheit durchlebt und damit genügend Zeit, sein Testament zu planen. Sein umfassendes Erbe ließ er der Allgemeinheit zukommen. Seine riesige Münzsammlung ging an den dänischen Staat und ist bis heute von historischer Bedeutung. Mit seinem Vermögen stiftete unter anderem einen Förderpreis für das Kunsthandwerk, der bis heute existiert.
Hinterlasse einen Kommentar