Name: Rudolf (auch: Rudolph) Julius Emanuel Clausius
Lebensdaten: 2. Januar 1822 in Köslin und 24. August 1888 in Bonn
In aller Kürze: Rudolf Clausius entdeckte eine zentrale Größe der Physik: die Entropie.
Im Detail: Rudolf Julius Emanuel Clausius, einer der wichtigsten Entdecker der theoretischen Physik, wurde am 2. Januar 1822 in Köslin geboren. (Das heißt heute Koszalin und liegt sehr nah an der polnischen Ostseeküste.) Sein Vater war Schulrat und Pfarrer, womit der junge Rudolf einer sehr bildungsnahen Familie entstammte. Sein Abitur machte der junge Mann am Marienstiftsgymnasium im nahegelegenen Stettin (heute: Szczecin). Im Anschluss konnte er sich an der Universität von Berlin für Mathematik und Physik einschreiben. Nach acht Jahren konnte er 1848 in Halle seinen Doktorgrad erlangen – zum Thema der Streuung des Sonnenlichts in der Erdatmosphäre.
Nebenbei ging Clausius in den Lehrberuf. Von 1844 bis 1850 unterrichtete er Physik und Mathematik an einem Gymnasium in Berlin. Außerdem war er seit 1846 Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen. 1850 wurde er dann Professor für Physik an der Königlichen Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin. Auch an der Berliner Universität lehrte er, wenn auch nur als Privatdozent.
Dort sollte Rudolf Clausius fünf Jahre lang bleiben, bevor er 1855 an das Eidgenössische Polytechnikum in Zürich berufen wurde. In der Schweiz sollte er sowohl privat als auch beruflich die wichtigsten Ereignisse seines Lebens erleben.
So fand er eine Ehefrau – 1859 heiratete er Adelheid Rimpau, die Tochter eines reichen Kaufmanns. Nicht nur definitiv ein gesellschaftlicher Aufstieg. Die Ehe war wohl auch glücklich. Und es gingen sechs Kinder aus ihr hervor, zwei Töchter und vier Söhne.
Beruflich gelang Clausius hier sein Meisterstück: Er hatte schon ca. 1850 die ersten Ansätze dessen entwickelt, was wir heute den 2. Hauptsatz der Thermodynamik nennen. Diese brachte er in Zürich zur Vollendung, indem er eine neue Naturgröße entdeckte. Er führte den Begriff der Entropie ein, der bis heute von zentraler Bedeutung in der Physik ist, aber auch leider regelmäßig falsch verstanden wird.
Was also ist Entropie? – Entropie ist ein Maß dafür, wie umkehrbar ein Prozess ist. Wegen der Energieerhaltung sollte uns eigentlich niemals die Energie ausgehen können. Schließlich kann man Energie nie vernichten, nur umwandeln. Doch so sieht die Welt nicht wirklich aus, sonst sprächen wir ja nicht ständig von der Energiewende. Das liegt daran, dass es in Wirklichkeit zwei Arten von Energie gibt: Exergie, die Arbeit verrichten kann, und Anergie, die dies nicht kann. Wir müssten also eigentlich von der Exergiewende sprechen, das tut aber kein Mensch. (Ich übrigens auch nicht. In meiner Populärwissenschaft halte ich öfter einen Vortrag namens Energiewenden – wie Physik die Geschichte formt.)
Und den Unterschied zwischen Exergie und Anergie macht eben die sogenannte Entropie. Dabei verwandelt sich nutzbare Energie stets in weniger nutzbare. Denn egal, was ich überhaupt tue, die Entropie in einem geschlossenen System muss immer ansteigen. Man kann zwar die Entropie in Teilsystemen absenken, aber nur, indem man dafür die Entropie an anderer Stelle noch mehr steigen lässt.
Das nennt man den 2. Hauptsatz der Thermodynamik, den Rudolf Clausius formulierte und mathematisch ausdrückte. Unter anderem folgt aus ihm, dass Wärme von selbst immer vom Heißen ins Kalte fließt – nicht etwa umgekehrt.
Deswegen kann ein Kühlschrank keine Kälte erzeugen, sondern nur Wärme aus seinem Inneren nach außen pumpe und damit noch zusätzliche Wärme erzeugen. Aus der entropiearmen elektrischen Energie wird hochentropische Wärme.
Auch bedeutet der 2. Hauptsatz, dass es keinen Mechanismus geben kann, der ständig Arbeit verrichtet, ohne Energie in Form von Wärme zu verlieren. Deshalb kann es auf der Erde nur Leben geben, weil wir entropiearme Energie (also Exergie) von der Sonne erhalten und später entropiereicher wieder abgeben – in Form der Wärme, die die Erde ins All abstrahlt.
Später sollte ein Mann namens Ludwig Boltzmann auch zeigen, warum Entropie so fundamental ist: Sie hat etwas damit zu tun, wie viele Kombinationen (sogenannte Mikrozustände) zu einem Zustand gehören. Bspw. gibt es nur eine Kombination, in der alle Karten eines Skatblattes komplett geordnet sind. Und je mehr Sie mischen, desto weniger Struktur wird erhalten bleiben, weil es einfach viel mehr Kombinationen gibt, in denen die Karten ungeordnet sind, als solche, in denen sie einer Logik folgen. Also ist der ständige Anstieg der Entropie eine Frage banaler Wahrscheinlichkeit. So wie im Casino am Ende immer die Bank gewinnt, steigt am Ende immer die Entropie.
Das sorgt für den verbreiteten Irrglauben, Entropie wäre Unordnung. Das ist aber eine harte Vereinfachung. Bspw. steigt die Entropie an, wenn Badeschau zerplatzt, obwohl die Oberfläche danach ordentlicher ist als der chaotische Schaum. Aber die Zahl der Zustände steigt an, wenn die Wassermoleküle nicht mehr in den Blasenwänden gefangen sind, sondern sich frei bewegen können.
Die Fehlannahme, Entropie wäre banale Unordnung, sorgt auch dafür, dass Kreationisten behaupten, die Evolution könnte nie passiert sein, weil sie den 2. Hauptsatz verletze. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Leben und biologische Evolution sind eine direkte Folge des 2. Hauptsatzes, weil sie ein Prozess sind, bei dem örtlich die Entropie abgesenkt wird und sie dadurch im Gesamtsystem noch viel schneller erhöht wird.
Oder wie ein befreundeter Thermodynamiker es einmal scherzhaft formulierte: „Die Entropie ist Gott. Und Clausius war ihr Prophet.“
Mit dieser Einschätzung war er durchaus nicht allein. Nach dem oben genannten Nachweis seiner stochastischen Notwendigkeit durch Boltzmann wurde der 2. Hauptsatz der Thermodynamik schnell als ein kaum zu widerlegendes Naturgesetz angesehen.
Mit den Worten Sir Arthur Eddingtons: „Dem Gesetz, dass die Entropie immer ansteigt, weise ich den höchsten Rang unter den Naturgesetzen zu. Wenn jemand zeigt, dass deine Lieblingstheorie Maxwell-Gleichungen verletzt, schade für Maxwells-Gleichungen. Wenn es der Beobachtung widerspricht – nun, diese Experimentatoren machen schon mal Fehler. Aber wenn es sich zeigt, dass deine Theorie dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik widerspricht, dann gibt es keine Hoffnung. Sie kann nichts anderes als in tiefster Kränkung zu kollabieren.“
(Englisch: „The law that entropy always increases holds, I think, the supreme position among the laws of Nature. If someone points out to you that your pet theory of the universe is in disagreement with Maxwell’s equations – then so much the worse for Maxwell’s equations. If it is found to be contradicted by observation – well, these experimentalists do bungle things sometimes. But if your theory is found to be against the Second Law of Thermodynamics I can give you no hope; there is nothing for it to collapse in deepest humiliation.“)
Auch Clausius’ weiteres Leben war von akademischem Erfolg geprägt: 1867 wechselte er nach Würzburg, wenn auch nur für zwei Jahre. Von 1869 bis zu seinem Lebensende lebte er in Bonn, wo er an der Universität lehrte und forschte.
Allerdings mit einer wichtigen Unterbrechung: Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich Preußen den Krieg. Während des folgenden Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 wurden insgesamt 1,4 Millionen Mann in Deutschland mobilisiert. Dazu gehörte auch Clausius, der ein studentisches Sanitätskorps führte. In seinem Dienst wurde er am Knie verletzt und sollte davon dauerhafte Schmerzen haben.
Nach Kriegsende kehrte er nach Bonn zurück. Von 1884 bis 1885 amtierte er dort sogar als Rektor der Universität.
Nachdem seine erste Ehefrau, Adelheid Clausius, 1875 an Scharlach gestorben war, heiratete 1886 mit 64 Jahren die sehr viel jüngere Sophie Sack. Mit seiner zweiten Ehefrau zeugte er noch einen Sohn, der allerdings nur neun Jahre alt wurde. Das erlebte Rudolf Clausius jedoch nicht mehr, verstarb er doch 24. August 1888, im Alter von 66 Jahren, in Bonn.
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