Vor kurzem erschien hier ein Artikel über Personen, deren Namen im Periodensystem der Elemente verewigt sind. Bei der Recherche dafür stolperte ich über eine ganze Reihe von Elementen, deren Namen von mythischen Figuren stammen.
Das passt nicht ganz in das Portfolio dieses Blogs, weil es eben keine realen Unprominente sind, aber ich fand sie zu spannend, um sie einfach zu verschweigen. Daher hier eine Liste von chemischen Elementen im Periodensystem, deren Namen mythisch sind.
Den Anfang macht das zweitleichteste Element mit der Ordnungszahl 2: Helium. Benannt ist es eigentlich nach der Sonne, weil es erstmals in den Spektrallinien des Sonnenlichts nachgewiesen wurde. Aber Helios war im antiken Griechenland nicht nur das Wort für „Sonne“, sondern auch der Name des Sonnengottes.
Ebenfalls aus der griechischen Mythologie stammen die Titanen, die dem Element Titan seinen Namen gaben. Das Leichtmetall trägt die Ordnungszahl 22.
Das erste Element mit einem Namen aus der nordischen Mythologie ist das Vanadium mit einem Proton mehr als Titan – Ordnungszahl 23. Es wurde benannt nach dem Beinamen Vanadis, den die Göttin Freya trug.
Nicht von einer Figur, sondern einer ganzen Art Fabelwesen kommt die Bezeichnung Cobalt des 27. Elementes. Es ist tatsächlich nach Kobolden benannt, denn Cobalterze sehen für das bloße Auge Silber- oder Kupfererzen sehr ähnlich. Nun enthalten diese Erze nicht bloß keine Edelmetalle, meistens enthalten sie auch Arsen. Versuchte man also, aus diesen Silber oder Kupfer zu gewinnen, so bekam man nur giftige, stinkende Gase. Die Erklärung im Mittelalter: Kobolde hatten das Silber weggehext!
Dieselbe Etymologie hat das Wort Nickel. Dessen Erze sahen wie Kupfererze aus, waren aber keine. Also mussten es wohl die Berggeister, im lokalen Sprachgebrauch „Nickeln“, gewesen sein, die einem einen üblen Streich gespielt hatten. Das Element hat die Ordnungszahl 28.
Mit der Ordnungszahl 34 kehren wir zurück zur griechischen Mythologie. Das Selen trägt seinen Namen zu Ehren der Mondgöttin Selene. Die Herleitung ist die chemische Ähnlichkeit zum Tellur, welches nach der Erde benannt ist – beide Elemente stehen in derselben Gruppe im Periodensystem.
Auch das 41. Element Niob trägt einen Namen, der über dessen chemischen Ähnlichkeit hergeleitet wurde. Es steht im Periodensystem direkt über dem Tantal und reagiert daher sehr analog. Niobe war in der griechischen Mythologie die Tochter des Tantalos.
Das Palladium hat Atomkerne mit 46 Protonen. Benannt wurde es eigentlich nach dem Asteroiden Pallas, welcher aber wiederum mit einem Beinamen der griechischen Göttin Athene getauft wurde.
Wie schon beim Selen erwähnt, heißt das Tellur nach der Erde. Tellus war jedoch nicht nur das lateinische Wort für Erde, es war in der römischen Mythologie auch ein Name der Erdgöttin, die auch den Namen Terra trug. (Sie kennen diese Gottheit vermutlich eher unter ihrem griechischen Namen Gaia.) Das Tellur trägt 52 Protonen im Atomkern.
Wie auch beim Palladium verlief der Pfad der Benennung des Elements Cer über einen Asteroiden: den Zwergplaneten Ceres. Dieser teilt seinen Namen mit der römischen Göttin des Ackerbaus. Cer hat die Ordnungszahl 58.
Während das Titan nach den Titanen im Allgemeinen benannt wurde, trägt das Promethium die Bezeichnung eines spezifischen Titanen: Prometheus. Der Name des 61. Elements war übrigens als Warnung gemeint. Das Promethium wurde mehrfach fast entdeckt, aber das erste Mal tatsächlich nachgewiesen wurde es 1945 als Spaltprodukt des Urans im Kontext der amerikanischen Kernwaffenforschung. Die Entdeckung blieb daher zunächst geheim. Als es 1947 publik gemacht wurde, wählten die Forscher den Namen des Titanen, der den Menschen das Feuer gab und die Götter verärgerte, um auf die Gefahren eines nuklearen Wettrüstens hinzuweisen.
Etwas romantischer leitet sich der Name Europium für das 63. Element her: Es ist einfach nach dem Kontinent Europa benannt, welcher wiederum den Namen der Europa, Tochter des Agenor, aus der griechischen Mythologie trägt. (Das Europium steht im Periodensystem übrigens direkt über dem Americium, was kein Zufall ist.)
Wie schon beim Niob angekündigt, trägt das Tantal mit seinen 73 Protonen den Namen des Tantalos. Die Herleitung dieser Bezeichnung ist etwas wirr. Der Chemiker Anders Gustav Ekeberg hatte es danach benannt, nachdem er versucht hatte, das Tantal(V)oxid in Säure aufzulösen. Aber der Stoff lag einfach nur herum und tat gar nichts. Die Säure kam nicht in ihn herein, was Ekeberg daran erinnerte, wie Tantalos in der Unterwelt bestraft wird, indem er in einem Teich steht, dessen Wasser stets von ihm zurückweicht, wenn er es trinken will.
Mit nur einem Proton mehr kommen wir zum Wolfram, dessen Name derselben „Logik“ folgt wie Cobalt und Nickel. Johan Gottschalk Wallerius benannte es danach, dass Wolfram an den Rändern von Zinnflözen vorkommt und die begehrten Zinnerze scheinbar auffrisst wie ein Wolf. Wallerius glaubte das aber wohl nicht wirklich, sondern imitierte nur die Namenskonventionen hinter Cobalt und Nickel.
Der Name des Thoriums mit der Ordnungszahl 90 kommt wieder aus der nordischen Mythologie, wenn auch nur indirekt. Es wurde erstmals aus einem Mineral namens Thorit gewonnen, welches nach dem Donnergott Thor benannt ist.
Noch indirekter kommt das 92. Element zu seinem Namen Uran. Acht Jahre zuvor war der siebte Planet des Sonnensystems von Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt. Dieser wollte ihn zunächst „Georgium Sidus“ nennen – Stern des Georg, nach seinem Herrscher, dem englischen König George III. Die Welt außerhalb Englands fand diesen Vorschlag eher mangelhaft, weshalb eine Reihe anderer Namen aufkamen. Einer davon war „Uranus“, nach dem antiken Himmelsgott. Um diesen Vorschlag zu unterstützen, taufte Martin Heinrich Klaproth sein frisch entdecktes Element „Uran“.
Die nächsten beiden Elemente im Periodensystem – Neptunium mit der Ordnungszahl 93 und Plutonium mit der Ordnungszahl 94 – stellen bloß eine logische Fortsetzung dieser Benennung nach Planeten dar. (Pluto zählte damals noch zu den Planeten.) Dabei sind die Himmelskörper wieder nach römischen Göttern benannt: Neptun, dem Gott des Wassers, und Pluto, dem Gott der Unterwelt.
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