Frank Drake – Wie viele Außerirdische können mit uns sprechen?

Name: Prof. Dr. Frank Donald Drake

Lebensdaten: 28. Mai 1930 in Chicago bis 2. September 2022 in Aptos in Kalifornien

In aller Kürze: Frank Drake gehörte zu den ersten Astronomen, die sich überlegten, wie man zu anderen Zivilisationen funken könnte. Dazu entwickelte er die Drake-Gleichung, eine der bekanntesten Formeln er Astronomie.

Im Detail: Eine der berühmtesten Gleichungen der Astronomie beschreibt, wie viele intelligente Zivilisationen wir in der Milchstraße erwarten sollten. Entwickelt wurde sie von Frank Drake und heißt daher die „Drake-Gleichung“.

Frank Donald Drake kam am 28. Mai 1930 in Chicago zur Welt. Schon als kleiner Junge konnte er sich für Wissenschaft und Technik begeistern – besonders Elektronik und Chemie hatten es ihm angetan. Damit kam er ganz nach seinem Vater Richard, welcher Chemieingenieur war. Er war das älteste Kind von dreien – hatte noch eine jüngere Schwester und einen jüngeren Bruder.

Wegen seines Interesses an Wissenschaft besuchte der junge Frank häufig das Chicago-Museum der Wissenschaft und Industrie (engl.: Chicago’s Museum of Science & Industry). Er sollte später berichten, er habe sich dort im zarten Alter von acht Jahren erstmals gefragt, ob es außerirdische Zivilisationen geben könnte. Er sei auf diese Frage gekommen, nachdem er im Museum gelernt hätte, unsere Zivilisation sei das Ergebnis natürlich Prozesse – womit es auch auf anderen Planeten hätte passieren können.

Wie verlässlich diese Anekdote ist, ist durchaus fragwürdig, weil menschliche Erinnerungen nicht sonderlich zuverlässig sind. Augenzeugenberichte, erstrecht autobiografische, sind Jahre später nicht mehr gesichert. Dennoch können wir allgemeiner schon davon ausgehen, das Thema Außerirdische sei für Frank Drake bereits in dessen Jugend von Interesse gewesen. Damit war er nicht gerade Teil einer illustren Runde, das galt und gilt wohl für die meistens Jugendlichen. Nur brachte Drakes Werdegang ihn in ein Fachgebiet, das damit tatsächlich etwas zu tun haben könnte.

Als begabter Schüler konnte Frank Drake mit 17 ein Stipendium der US Navy erlangen, um an der Cornell-Universität in New York zu studieren. Sein Fach war das Physikingenieurwesen, auch wenn sein Studium durchaus bereits Astronomie-Vorlesungen umfasste. Nach seinem Bachelor-Abschluss ging er für ein paar Jahre zur Marine (die hatte schließlich sein Studium finanziert) und diente als Elektronikoffizier auf einem schweren Kreuzer.

Allerdings setzte Drake 1956 sein Studium fort. Diesmal wechselte er direkt in sein Wunschfach der Astronomie und studierte in Harvard bis 1958. In diesen bloß drei Jahren konnte er nicht nur seinen Master-Abschluss, sondern direkt noch seinen Doktorgrad erlangen.

Im selben Jahr konnte der frisch gebackene Dr. Frank Drake eine Anstellung als Forscher an einem Radioteleskop bekommen – am NRAO (National Radio Astronomy Observatory, zu Deutsch: Nationales Radioastronomieobservatorium). Das steht in Green Bank in West Virginia, ein Dorf von 141 Einwohnern. (Die Zahl ist Stand 2020, zu 1958 konnte ich keine Zahl finden, aber groß unterscheiden wird sie sich nicht.)

Seine erste Forschung war noch recht konventionell: Radiobeobachtungen vom Sonnensystem im Allgemeinen, dem Jupiter und der Venus im Speziellen, aber auch des Zentrums der Milchstraße.

Doch schon im April 1959 konnte Dr. Drake die Erlaubnis vom Direkter des Observatoriums bekommen, nach außerirdischen Funksignalen zu suchen. Was er bis 1960 tat – leider ohne Erfolg.

Zunächst hielten die beiden Astronomen das Projekt geheim. Aus heutiger Sicht mag das etwas seltsam erscheinen, aber damals war ihre Sorge durchaus berechtigt, sich damit Ärger einzuhandeln. Die Suche nach Außerirdischen hatte sich in den Jahrzehnten zuvor in unserem Sonnensystem immer wieder als Irrweg herausgestellt – von angeblichen Zivilisationen auf dem Mars, bis zu postulierten Dinosauriern auf der Venus waren all diese wilden Behauptungen durch die Astronomie widerlegt worden. Daher mussten die beiden zu Recht befürchten, solche Forschung könnte als unseriös aufgefasst werden und ihnen Fördergelder kosten.

Doch schon im September 1959 kam der große Befreiungsschlag nicht nur für Frank Drake, sondern für alle Astronomen, die an Außerirdischen interessiert waren. In dem hoch renommierten Journal Nature erschien der Artikel Searching for Interstellar Communications (deutsch: Suchen nach interstellarer Kommunikation) von Giuseppe Cocconi und Philip Morrison. In diesem Artikel argumentieren die beiden Astronomen, wie man nach Außerirdischen suchen könnte: Wenn es die anderen gäbe, dann müssten diese dieselben Naturgesetze entdecken können wie wir. Und wenn sie Radiotechnologie entwickeln könnten, dann werde ihnen klar sein, dass Radiosignale über weite Strecken durchs All fliegen können. Also sollten wir den Himmel nach Radiosignalen absuchen, ob jemand mit uns kommunizieren möchte.

Der Artikel schlug ein wie eine Bombe. Plötzlich kam einiges an Bewegung in die astronomische Gesellschaft und viele Forscher rückten damit heraus, sie hätten sich da auch schon Gedanken zu gemacht. Auch Drake machte seine erste Suche öffentlich.

Im Jahr 1961 lud das Observatorium in Green Banks dann zu einem Treffen, wo sich die Forscher über die Thematik austauschen wollten. (Dieses Treffen als „Konferenz“ zu bezeichnen, scheint etwas überstrapaziert. Viele Teilnehmer gab es nicht.)

Bei dieser Gelegenheit stellte Dr. Drake seine legendäre Drake-Gleichung vor. Mit dieser Gleichung wollte er einen Diskurs anregen, wie man abschätzen könnte, wie viele kommunikationsbereite Zivilisationen es in der Milchstraße geben mag, und welche Faktoren sich darauf wie auswirken könnten.

Diese Gleichung sieht so aus:

N = R* × fp × ne × f1 × fi × fc × L

Diese Formel sieht auf den ersten Blick wild aus, aber eigentlich ist sie recht einfach. Sie ist ein langes Produkt aller Faktoren, die Drake zu dem Thema einfielen. (Auch wenn ich das nicht sicher belegen kann, vermute ich, Frank Drake habe die Gleichung ziemlich improvisiert. Allein die inkonsistenten Indizes sprechen Bände darüber, wie roh diese Fassung war, die Dr. Drake da seinen Kollegen vorstellte.)

Was bedeuten diese Faktoren also?

Das Ergebnis N ist die Zahl der kommunikationsbereiten Zivilisationen in der Milchstraße.

R* ist die Zahl der Sterne in der Milchstraße. Allerdings sind wir nicht daran, interessiert, wie viele Zivilisationen es über die gesamte Geschichte der Galaxis gegeben haben mag, sondern nur daran, wie viele jetzt da sind. Daher rechnen wir nicht mit der Gesamtzahl, sondern mit der Entstehungsrate – wie viele Sterne entstehen in der Milchstraße pro Jahr?

fp ist der Anteil dieser Sterne, der Planeten hat – in der recht belastbaren Annahme, Leben könne nur auf Planeten entstehen.

ne ist die durchschnittliche Anzahl von Planeten in einem Planetensystem, welcher prinzipiell Leben tragen könnte.

f1 ist der Anteil solcher Planeten, auf welchem sich auch tatsächlich Leben entwickelt. (Nach heutigem Stand der Forschung ist diese Zahl ziemlich sicher sehr nahe an 100 %. Wir gehen heute davon aus, wo immer Leben im All entstehen könne, werde es auch entstehen. Warum wir das glauben, sprengt ein wenig den Rahmen hier. Sehr salopp formuliert: Lebewesen auf der Erde bestehen aus recht gewöhnlichen Elementen. Außerdem sind primitive Lebensformen winzig und Planeten riesig und existieren sehr lange – und es reicht ja, wenn irgendwann in Jahrmillionen an irgendeinem winzigen Punkt auf dem Globus Leben entsteht, um sich fortzupflanzen und den ganzen Planeten zu erobern.)

fi ist der Anteil der belebten Planeten, welcher auch intelligente, technologische Zivilisationen hervorbringt.

fc wiederum ist der Anteil dieser Zivilisationen, welcher Funktechnologie entwickelt, um ins All zu funken.

Wenn Sie aufgepasst haben, wird Ihnen aufgefallen sein, dass wir zu diesem Zeitpunkt weiterhin eine Zahl pro Jahr haben. Die Einheit pro Jahr kommt aus der Entstehungsrate R*. Damit wir nun eine absolute Zahl erhalten, müssen wir noch mit L malnehmen, der Lebensdauer der Zivilisation – gerechnet von der Entwicklung der Radiotechnologie bis zum Ende der Zivilisation. (Denn vorher können wir sie mit Funktechnologie nicht entdecken.)

Und bei diesem letzten Faktor liegt der Hund begraben. Denn bei allen anderen Faktoren konnten die Experten in Green Banks sich auf ungefähre Abschätzungen einigen. Die waren aus heutiger Sicht nicht richtig, aber nicht falsch genug, um das Problem zu bilden. Denn bei der Lebensdauer die Zivilisation kam und kommt es zum großen Diskurs.

1961 war tiefster Kalter Krieg – beide Lager rüsteten extrem nuklear auf. Deshalb meinten einige, das könnten wir eh nicht überleben, also wäre L = 50 Jahre. Andere meinten, wir bekämen all diese und andere Probleme schon in den Griff, und die Lebensdauer entspräche der Restlebensdauer der Sonne: L = 5.000.000.000 Jahre.

Sie sehen, zwischen diesen beiden Extremen liegen acht Größenordnungen, ein Faktor von 100 Millionen. Deshalb ist die Drake-Gleichung für uns ohne praktische Anwendung, denn egal, wie viel besser wir alle Faktoren davor wir abschätzen können, am Ende hat nichts einen so großen Einfluss wie die unbeantwortete Frage, wie lange eine Zivilisation wie die unsere eigentlich überleben kann. Die 50 Jahre haben wir schon übertroffen, aber die 5 Milliarden Jahren scheinen beim aktuellen Stand der Ökologie doch extrem optimistisch.

Dass wir mit ihr nichts ausrechnen können, macht es besonders überraschend, wie extrem bekannt die Drake-Gleichung ist. Sie gilt als eine der berühmtesten Gleichungen der Astronomie. Das liegt vermutlich daran, dass sie ihren von Drake beabsichtigten Zweck immer wieder erfüllen kann – einen Diskurs über den Kontakt mit Außerirdischen auszulösen.

Diesem Ziel blieb Dr. Drake treu. Nach einem kurzen Abstecher ans Jet Propulsion Laboratory (das ist eng mit der NASA verflochten) kehrte er 1964 nach Cornell zurück, wo er 1976 zum Professor ernannt wurde. Schon ab 1966 übernahm er die Leitung des Arecibo-Observatoriums, einem großen Radioteleskop.

Passend zu seinem Interesse war Drake 1972 an der Gestaltung der Plakette auf der Pioneer-Sonde beteiligt, die Außerirdischen von der Erde berichten sollte, sollten solche die Sonde irgendwann irgendwo im Weltall auflesen.

Zwei Jahre später entwickelte er die Arecibo-Botschaft – eine kurze Nachricht an Außerirdische, welche die Menschheit 1974 als ihre erste Botschaft ins All hinausschickte. (Wir senden aktuell keinerlei Botschaften absichtlich ins All hinaus und unser oft beschworenes Fernsehprogramm verliert sich nach wenigen Lichtjahren im Grundrauschen. Es ist einfach sehr viel aufwendiger zu senden als zu horchen – kostet mehr Geld und andere Ressourcen. Zumal man bei erfolgreichem Kontakt, der alles andere als garantiert ist, Jahre und Jahrzehnte auf eine Antwort warten müsste, selbst wäre der Planet kosmisch gesehen sehr nahe an der Erde dran. Mit der Drake-Gleichung könnte man aber auch argumentieren, diese Ressourcen sollte man eh anders investieren in den wichtigsten Faktor dafür, ob wir mit irgendwem einmal sprechen könnten: in die Lebensdauer unserer Zivilisation.)

Auch für die goldene Schallplatte auf der Voyager-Sonde half Drake bei der Entwicklung der Nachrichten an Außerirdische mit.

1984 zog es Prof. Drake an die University of California at Santa Cruz (UCSC). In diesem Jahr war er auch am Start des SETI-Projekts beteiligt. SETI steht für Search for ExtraTerrestrial Intelligence (deutsch: Suche nach außerirdischer Intelligenz) und es sucht den Himmel nach Funksignalen ab. (Aufmerksamen Lesern wird aufgefallen sein, dass anders als in der Drake-Gleichung Außerirdische für diese Zwecke erst als intelligent gelten, wenn sie funken können. Das ist natürlich rein der Tatsache geschuldet, wie man diese entdecken könnte. Niemand bei SETI behauptet ernsthaft, Leute wie Newton oder Kopernikus wären nicht intelligent gewesen.)

Bisher war dieses Projekt ohne Erfolg, was aber auch leider nicht überraschend ist. Die wichtigste Tatsache, die man über das All wissen kann, ist, dass es extrem groß ist. Allein die Milchstraße hat ca. 400 Milliarden Sterne. Selbst wenn wir jeden anschauen, müssen wir Glück haben, dass die anderen in genau dem Moment funken, in dem wir hinhören. Trotzdem suchen und hoffen wir weiter, und SETI entwickelt immer neue Ideen, wie es schneller und schlauer suchen kann, denn es wäre die größte Entdeckung der Geschichte.

(Entgegen seltsamer Verschwörungstheorien könnte SETI ein empfangenes Signal übrigens nicht verheimlichen. Nicht nur kann man solche Dinge eh kaum vertuschen, weil die Erde sich um ihre Achse dreht, könnte man eine Nachricht nur dauerhaft aufzeichnen, indem man sich global vernetzt. Sonst entgehen einem Teile der Nachricht, während das Observatorium gerade auf der signalabgewandten Seite der Erde ist.)

So oder so, sollte Drake Zeit seines Lebens SETI verhaftet bleiben. Selbst als er 2010, im Alter von 80 Jahren, emeritierte, blieb er an der Suche beteiligt.

Frank Drake starb am 2. September 2022 in Aptos in Kalifornien – im hohen Alter von 92 Jahren an Altersschwäche.

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