Name: Dr. John Drury Clark
Auch bekannt als: Papst der Pyromanen
Lebensdaten: 15. August 1907 in Fairbanks, Alaska bis 6. Juli 1988 in Denville, New Jersey
In aller Kürze: Dr. John Drury Clark war jahrelang als Raketenwissenschaftler tätig, und das mit Begeisterung. Sein allgemeinverständliches Werk Ignition! An Informal History of Liquid Rocket Propellants avancierte zur „Pyromanen-Bibel”.
Im Detail: John Drury Clark wurde am 15. August 1907 in Fairbanks, Alaska geboren und damit einem der entferntesten Teile der Vereinigten Staaten. Alaska war damals schon vom Rest des US-Staatsgebiets durch ein Stück von Kanada getrennt und hatte damals noch nicht den Status eines Bundesstaates, sondern war nur ein Territorium. (Ähnlich übrigens zu Hawaii was 1898 annektiert worden war. Beide wurden erst 1959 zu Bundesstaaten der USA erhoben.) Bevor in Alaska die Ölförderung losging, war es ein unwichtiger, sehr armer Teil der USA. Ein wenig Gold fand man dort, aber nicht genug, um einen Staatshaushalt aufzubauen. Tatsächlich wurde es vom Bund vor allem gefördert und aufgebaut, weil man befürchtete, Russland könnte es sonst besetzen und sich wieder zurückholen. (Amerika hatte Alaska 1867 von Russland gekauft.) Das wurde vor allem während des Kalten Krieges eine große Sorge. Dieser lag zur Geburt Clarks aber noch Jahrzehnte in der Zukunft. Insofern hatte ein Junge aus Alaska es nicht leicht.
Zum Glück war John Drury Clark nicht nur gescheit, er war auch umgänglich und fröhlich – alles Faktoren, die ihm in seiner Karriere halfen. Studierte er zunächst an der University of Alaska, konnte er 1927 ans Californa Institut of Technology (kurz: Caltech) in Pasadena wechseln. 1930 erlangte er dort seinen Bachelor-Abschluss in Physikalischer Chemie.
Während des Studiums ereignete sich noch ein wichtiger Zufall, der sein Leben deutlich bestimmen sollte: Die letzten zwei Jahre teilte er sich ein Zimmer mit Lyon Sprague de Camp. Sein Zimmergenosse sollte später als Science-Fiction-Autor Erfolge feiern (auch wenn dessen Werke heute kaum noch rezipiert werden).
Im Anschluss wechselte er zweimal die Universität – machte seinen Master an der University of Wisconsin–Madison und vollendete 1934 seine Doktorarbeit an der Stanford University in Kalifornien.
Während dieser Zeit machte Clark auch seine ersten Erfahrungen in der Populärwissenschaft. 1933 veröffentlichte er eine neue Darstellung des Periodensystems der Elemente, um die Didaktik der Chemie zu unterstützen. Darin sind die chemischen Elemente nicht in einem Raster angeordnet, sondern in einer Spirale. Tatsächlich erinnert mich persönlich die Abbildung an ein Leichtathletikstadion aus der Vogelperspektive, bei dem die Reihe der Elemente der Langlaufbahn immer wieder um den Platz folgt. Jeder Umlauf entspricht einer Periode. Das Konzept kam sehr gut an, ist heute aber praktisch unbekannt.
Um diese Zeit zog Dr. John Drury Clark zunächst nach Schenectady und später nach New York, weil er in die freie Wirtschaft wechselte und für General Electric arbeitete.
Doch dort sollte er nicht bleiben. 1949 fand er seine Berufung in einer Stelle, die er bis zu seiner Rente besetzen sollte: Er ging an das Raketen-Testzentrum der Marine (englisch: Naval Air Rocket Test Station) in Dover. Dort sollte er bis 1970 an flüssigen Raketentreibstoffen forschen. Es ging also darum, welche Treibstoffe man mit welchen Oxidationsmitteln zusammenbringen kann, um kontrollierte hypergolische Gemische zu erhalten. (Als „hypergolisch“ bezeichnet man Stoffe, die sich beim Zusammenmischen von selbst entzünden.)
Parallel zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war John Drury Clark sehr aktiv in der Science-Fiction-Gemeinde. Er unterhielt Freundschaften zu so einflussreichen Autoren wie Lyon Sprague de Camp, P. Schuyler Miller, Fletcher Pratt, Otto Binder, John W. Campbell, Edmond Hamilton und weiteren. (Einer dieser weiteren war auch der Gründer des Scientology-Kultes L. Ron Hubbard, auch wenn Clark mit dessen späteren Umtrieben wohl nichts zu tun hatte.)
Auch im Conan-Fandom war Clark geradezu als Experte bekannt – veröffentlichte er doch 1936 eine Weltkarte der prähistorischen Welt, in der die Romane von Robert E. Howard spielen. Über die nächsten Jahre verfasste er mehrfach Artikel, die die Erzählstränge um Conan den Barbaren zusammenführten und analysierten. Er konnte mit seinem Einfluss geradezu für eine Renaissance der Conan-Romane sorgen.
So beeindruckend Dr. Clarks Beiträge zur Wissenschaft und zur Romanwelt waren, heute ist sein beliebtestes Werk ohne Frage Ignition! An Informal History of Liquid Rocket Propellants (deutsch: Zündung! Eine saloppe Geschichte flüssiger Raketentreibstoffe). Dieses Buch veröffentlichte John Drury Clark 1972, als er bereits in Rente war. Darin beschreibt Clark in salopper und amüsanter Sprache die Eigenschaften unterschiedlicher Raketentreibstoffe und schildert kleine Geschichten, wie sie erforscht wurden – von explodierenden Geräten bis zu Treibstoffen, die gut funktionieren, aber so bestialisch stinken, dass niemand sie verwenden möchte.
Ein gutes Beispiel ist seine Beschreibung von Chlortrifluorid:
“Es ist natürlich extrem giftig, aber das ist das geringste Problem. Es ist hypergolisch mit jedem bekannten Brennstoff, und so schnell hypergolisch, dass noch niemand eine Zündverzögerung messen konnte. Es ist außerdem hypergolisch mit solchen Dingen wie Textilien, Holz und Testingenieuren, außerdem Asbest, Sand und Wasser – mit dem es explodiert. Es kann in normalen Metallen gelagert werden – Stahl, Kupfer, Aluminum usw. – weil es sofort ein unlösliches Metallfluorid auf der Oberfläche bildet, so wie die unsichtbare Oxidschicht auf Aluminium dessen Verbrennen an der Luft verhindert. Sollte diese Schicht allerdings schmelzen oder abgerieben werden und sich nicht neu bilden können, hat der Experimentator es mit einem Metall-Fluor-Feuer zu tun. Für solche Fälle empfehle ich immer ein Paar guter Laufschuhe.“
(Englisch: „It is, of course, extremely toxic, but that’s the least of the problem. It is hypergolic with every known fuel, and so rapidly hypergolic that no ignition delay has ever been measured. It is also hypergolic with such things as cloth, wood, and test engineers, not to mention asbestos, sand, and water—with which it reacts explosively. It can be kept in some of the ordinary structural metals—steel, copper, aluminum, etc.—because of the formation of a thin film of insoluble metal fluoride that protects the bulk of the metal, just as the invisible coat of oxide on aluminium keeps it from burning up in the atmosphere. If, however, this coat is melted or scrubbed off, and has no chance to reform, the operator is confronted with the problem of coping with a metal-fluorine fire. For dealing with this situation, I have always recommended a good pair of running shoes.“)
An diesem Beispiel sieht man gut seinen Stil und versteht, warum Chlortrifluorid von vielen Fachleuten als gefährlichster Stoff der Welt betrachtet wird. (Das Zeug kann Glas anzünden!! Es gibt durchaus Stoffe, die pro Gramm noch deutlich gefährlicher sind. Aber niemand stellt diese in nennenswerten Mengen her, wogegen Chlortrifluorid für die Halbleiterelektronik durchaus in einiger Tonnage produziert wird.)
Ignition! ist mittlerweile zum Klassiker geworden. Global betrachtet ist es weitestgehend unbekannt, aber es hat eine treue Gruppe harter Fans. Diese bezeichnen das Buch manchmal ironisch als „Pyromanen-Bibel“ und Dr. Clark als „Papst der Pyromanen“. Ein Titel, der meines Wissens posthum verliehen wurde. John Drury Clark verstarb am 6. Juli 1988 in Denville, New Jersey.
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