Søren Sørensen, Entwickler des pH-Werts

Name: Søren Peter Lauritz Sørensen (In seiner Heimat Dänemark werden seine vielen Vornamen übrigens auf „S. P. L. Sørensen“ verkürzt, wogegen die deutsche Literatur ihn eher mit nur seinem ersten Vornamen aufführt.)

Lebensdaten: 9. Januar 1868 in Havrebjerg bis 13. Februar 1939 in Kopenhagen

In aller Kürze: Søren Sørensen kam aus einfachem Hause, sollte aber große Karriere in der Chemie machen. Sein wichtigstes Erbe ist der pH-Wert zur Messung von Azidität.

Im Detail: Søren Peter Lauritz Sørensen wurde am 9. Januar 1868 in Havrebjerg geboren, einem kleinen Dorf auf der dänischen Insel Seeland. Seine Eltern waren Kleinbauern. Trotz dieser einfachen Herkunft konnte Sørensen an der angesehenen Privatschule Sorø Academi in der Kleinstadt Sorø Chemie studieren. Er stellt damit ein gutes Beispiel dafür dar, wie wertvoll es sein kann, wenn die Kinder armer Leute an der Bildung des Landes teilhaben können. Denn Søren Sørensen legte eine monumentale Karriere hin. 1889 und 1895 erhielt er die Goldmedaille der Universität Kopenhagen. 1891 erlangte er seinen Magistertitel, 1899 schloss er seine Dissertation über Kobaltverbindungen ab und durfte er sich von da an Doktor nennen.

Schon während Ausbildung war Sørensen in mehreren angesehenen Projekten tätig. Von 1890 bis 91 und 1893 arbeitete er als Assistent bei der geologischen Untersuchung Dänemarks. Von 1892 bis 1901 war er Assistent am chemischen Laboratorium von Dänemarks Technischer Universität in Lyngby bei Kopenhagen. Weil es dem begabten Chemiker offenbar nicht genug war, nur einen Job zu haben, unterstützte er von 1896 bis 1902 als militärchemischer Berater die dänische Kriegsmarine.

1901 übernahm der nun Doktor Sørensen die Leitung der chemischen Abteilung des Carlsberg-Forschungszentrums. Der Namen mag Ihnen bekannt vorkommen, dann ja, dieses Institut gehört dem Brauereikonzern Carlsberg.

Über die nächsten Jahre und Jahrzehnte erlangte Sørensen großes Ansehen in der Forschungsgemeinschaft der Welt. Er vertrat Dänemark in internationalen Kommissionen. 1918 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Lund verliehen. Er wurde Mitglied mehreren dänischen Akademien der Wissenschaften und einer großen Zahl in anderen Ländern (unter anderem Großbritannien, Frankreich, USA, Finnland, Deutschland). Passend für seinen Arbeitgeber wurde Dr. Søren Sørensen 1927 zum Mitglied des Instituts für Brauereiwesen in London ernannt. Überhaupt war seine Forschung auch immer wieder mit Privatkonzernen verwoben – von Anstellungen in der Petrochemie bis zur Sprengstoffherstellung. Als er 1938 bei Carlsberg in den Ruhestand ging, wurde er direkt Präsident der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften bis zu seinem Tode ein Jahr später.

Neben diesen Erfolgen und Auszeichnungen hatte Sørensen die zweifelhafte Ehre, der Forscher zu sein, der am häufigsten für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde, ohne ihn je zu erhalten.

Was aber war es für Forschung, die Sørensen so viel Ruhm einbrachte? – Der geniale Chemiker befasste sich mit einer Reihe von Themen. Unter anderem forschte er für das Carlsberg-Forschungszentrum an Aminosäuren, weil diese Eiweißbestandteile für biologische Prozesse (wie die Gärung von Gerstensaft) essenziell sind. Seine bis heute bedeutende Arbeit war aber seine Forschung an Säuren und Basen.

Die Erforschung der Azidität war damals in Dänemark gut etabliert. Johannes Nicolaus Brønsted sollte 1923 die heutige Standarddefinition von Säuren und Basen einführen. Sørensen arbeitete noch mit der Definition des Schweden Svante Arrhenius, nach der Säuren sich durch H+-Ionen auszeichnen und Basen durch OH-Ionen.

Arrhenius entdeckte 1884 auch etwas, was womöglich jeder einmal in der Schule lernt: die Autoprotolyse des Wassers.

Es war schon lange bekannt, dass Wasser den Strom vor allem leitet, weil darin Ionen gelöst sind – geladene Teilchen, die den Strom transportieren können. Tatsächlich kann man den Salzgehalt von Wasser über dessen Leitfähigkeit messen. (Salze = Ionen, für den Chemiker sind Salze ionische Feststoffe.)

Wenn der Durchschnittswissenschaftler das erfährt, kommt ihm sofort die Idee: „Wäre es nicht total lustig, das Wasser komplett zu entsalzen? Dann hätte man Wasser, das keinerlei Strom leitet. Elektrisch isolierendes Wasser, voll gut.“ (Ja, Wissenschaftler denken wirklich so. Die meisten Forscher haben eine geradezu kindische Begeisterung für ihr Fach.)

Tatsächlich versuchte man, Wasser durch Destillation ionenfrei zu bekommen. Die Leitfähigkeit nahm dadurch auch drastisch ab, aber komplett isolierend wurde das Wasser trotzdem nicht. Etwas Leitfähigkeit blieb immer zurück. Arrhenius konnte das damit erklären, dass Wassermoleküle sich zu gewissen Teilen von selbst in Ionen aufspalten:

H2O ↔ H+ + OH

(Manchmal schreibt man auch „2 H2O ↔ H3O+ + OH“, um darauf hinzuweisen, dass das H+-Ion durch Wasser stabilisiert wird. Das ist so allerdings auch nicht korrekt, weil es oft mehr als ein Wassermolekül ist, das das H+ stabilisiert. Deshalb sind für die meisten Zwecke H+ und H3O+ dasselbe. Wie immer ist die Landkarte nicht das Gelände.)

Diese Autoprotolyse des Wassers erklärt nicht bloß, warum es immer zumindest ein bisschen leitet, sie bedeutet auch, dass man den Säuren- und Basengehalt an der Konzentration an H+ ermessen kann. Gäbe es die Autoprotolyse sind, so enthielten basische Lösungen einfach gar kein H+. Da es sie aber gibt, enthalten sie nur messbar weniger.

Die Konzentration an H+ ist daher ein wertvolles Maß für die Azidität. Nun ist es so, dass diese oft sehr klein ist. In neutralem Wasser bspw. 0,0000001 mol/L. Nun kann man solche Zahlen als 10x schreiben, in diesem Fall 10-7 mol/L. Magensäure hat in etwa 0,01 mol/L = 10-2 mol/L, also das 10000-fache von neutral. Eine schwache Natronlösung hat etwa 0,00000003 mol/L = 10-7,5 mol/L.

Deshalb entwickelte Søren Sørensen den pH-Wert nach einem Konzept, das vor ihm schon einige Leute vage angedacht hatten, das er aber in der chemischen Forschung fest etablierte. Dieser pH-Wert schaut sich nur die Zahl über der 10 an. (Mathematisch gesagt nimmt er den dekadischen Logarithmus und erhält den Exponenten.) Weil die Zahlen in aller Regel negativ sind, im Beispiel oben -7, -2 und -7,5, wird noch das Vorzeichen umgekehrt, um nicht ständig ein Minus mitzuschleppen: 7, 2 und 7,5.

In dieser Skala ist pH 7 neutral, je weiter unter 7, desto saurer, je weiterüber 7 desto basischer. (pH-hautneutral bedeutet übrigens ca. pH 5,5, weil die Haut von Natur aus leicht sauer ist, um Keime abzutöten.)

Dieses Konzept Sørensens stellte sich als enorm wertvoll heraus. Nicht nur war der pH-Wert ziemlich knapp hinzuschreiben, Sørensen wusste aus seiner Forschung auch, dass die Azidität sich für viele Phänomene um ein Vielfaches ändern muss, um überhaupt einen nennenswerten Einfluss zu haben. Um noch einmal das Beispiel der Magensäure zu bemühen: Deren pH-Wert kann auf bis zu 1,5 sinken. Das entspricht dem 3,2-Fachen an H+. Die Säurekonzentration in Ihrem Magen kann sich also mehr als verdreifachen, ohne dass Sie das auch nur mitbekämen.

Man braucht wirklich drastische Konzentrationsänderungen, bevor der Effekt nennenswert ist. Und der pH-Wert kann diese Änderungen sehr gut darstellen, weil ein pH-Wert-Schritt einem Faktor von mal 10 bzw. durch 10 abbildet.

Weil der pH-Wert eine reine Umrechnung darstellt, gibt es übrigens sehr wohl pH-Werte kleiner 0 (und größer 14), trotz anders lautender Gerüchte. Sie sind allerdings sehr selten und schwierig zu messen.

Dr. Sørensen arbeitete weiter in der Forschung an Azidität. Er konnte 1937 eine Firma davon überzeugen, das erste elektrische pH-Meter in Dänemark kommerzielle zu vermarkten. Seit 1935 hatte es solche Geräte bereits in den USA gegeben.

Er starb im Alter von 71 Jahren am 12. Februar 1939 in Kopenhagen.

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