Godtfred Kirk Christiansen, Vater der Lego-Steine

Name: Godtfred Kirk Christiansen

Lebensdaten: 8. Juli 1920 in Billund bis 13. Juli 1995 ebenda

In aller Kürze: Die Firma Lego stellte nicht schon immer die Steine her, für die sie berühmt ist. Erst der Sohn des Firmengründers, Godtfred Kirk Christiansen, brachte diese auf den Weg und machte sie zum Welterfolg.

Im Detail: Auch wenn die Firma Lego die Klemmbausteine weder erfunden hat, noch ihr einziger Hersteller ist, ist sie doch der klare Platzhirsch in diesem Segment des Spielzeugmarktes. Pro Jahr stellt Lego ca. 36 Milliarden Bausteine her. Der Konzern stellt mehr Reifen für Spielzeugautos her als Hersteller von echten Reifen für echte Autos. Auch wenn Legos Verhalten auf dem Markt in den letzten Jahren immer stärker in Kritik geraten ist, lässt sich die Bedeutung dieser Firma für den Durchbruch und anhaltenden Kultstatus dieser Sorte Bausteine einfach nicht abstreiten. Und dieser Erfolg ist zu großen Teilen Godtfred Kirk Christiansen zuzuschreiben, der in die Fußstapfen seines Vaters trat.

Auch wenn wir heutzutage Lego ausschließlich mit den Klemmbausteinen assoziieren, wurde die Firma lange vor deren Einführung gegründet. Ihre Geschichte beginnt mit Godtfreds Vater Ole Kirk Christiansen. Dieser wurde am 7. April 1891 in Filskov bei Billund geboren. Er war Tischler und hatte in Folge der Weltwirtschaftskrise sich auf die Herstellung von Alltagsgegenständen konzentriert – Leitern, Bügelbretter usw. Objekte, die simpel oder klein genug waren, dass auch ein angespannter Geldbeutel sie bezahlen konnte. Dazu gehörten auch kleine Holzspielzeuge.

Letzteres Geschäft lief wohl ziemlich gut und 1932 gründete Ole Kirk Christiansen eine Spielzeugfabrik. Zwei Jahre später erhielt die junge Firma den Namen Lego (eine Abkürzung für „leg godt“, dänisch: „spiel gut“). Man beachte, dass Ole Kirk Christiansen Tischler war – Lego stellte die ersten Jahrzehnte praktisch ausschließlich Spielzeug aus Holz dar – bspw. Autos, Häuser oder Tiere. Kunststoff sollte später kommen. 1957, kurz bevor er am 11. März 1958 in Billund versterben sollte, gab der Gründer die Leitung des Konzerns an seinen Sohn Godtfred Kirk Christiansen weiter, der den Fokus dieses Artikels bildet.

Dieser wurde am 8. Juli 1920 in Billund geboren, als dritter Sohn der Kirk Christiansens. Seine Familie war ziemlich arm. Lego war noch nicht einmal gegründet, geschweige denn ein Weltkonzern. So mussten er und seine Brüder in der Tischlerei des Vaters aushelfen, was nicht immer eine gute Idee war. Wie Kirk Christiansen später selbst offen eingestand, war sein erster Beitrag zur Vorgeschichte von Lego, als er 1924 (im zarten Alter von 4 Jahren) mit seinem älteren Bruder ein Feuer in der Tischlerei entfachte und sie versehentlich das gesamte Gebäude niederbrannten.

Trotz dieses Zwischenfalls entwickelte der Sohn ein großes Interesse an der Arbeit seines Vaters. Schon im Alter von 12 Jahren half er (zum Glück motiviert und weniger destruktiv) in der Firma des Vaters aus. Als er 1939 an die Universität ging, schickte Godtfred Kirk Christiansen immer wieder Konzeptzeichnungen neuer Spielzeuge per Post an seinen Vater.

Vom 9. April 1940 bis zum 5. Mai 1945 stand Dänemark unter deutscher Besatzung. Bis 1943 waren die Institutionen des Landes weitestgehend unangetastet gelassen worden. Erst der steigende Widerstand der dänischen Bevölkerung wurde von den Nationalsozialisten mit harter Gewalt bekämpft. Dennoch war das Land eines der wenigen in Europa, welches vom Krieg vor allem indirekt (bspw. durch Versorgungsengpässe) betroffen war. Das Leben unter Nazi-Herrschaft war ohne Frage nicht schön, aber in Dänemark blieben die kleinen Leute vor dem Großteil des Nazi-Terrors verschont. Wenige tausend Menschen ließen ihr Leben. Ich möchte das in keiner Form verharmlosen, aber im Vergleich zu den über 6 Millionen ermordeten Polen sind das um den Faktor 1000 weniger – der Unterschied zwischen Süderbrarup und der Metropolregion Hamburg.

Dementsprechend hatte ein kleines dänisches Unternehmen in der Nachkriegszeit gute Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg. Nicht nur setzte das Wirtschaftswachstum nach dem Krieg wieder ein, es flossen sowohl Kapital als auch neue Ideen aus den westlichen Siegermächten USA und Großbritannien in die westlichen Teile Europas. So entstanden auch die Lego-Steine.

Bereits 1946 erwarb die Firma eine Spritzgussanlage, um Kunststoffspielzeuge zu fertigen. Ab 1949 begann die Herstellung von Klemmbausteinen. Dafür hatten die Kirk Christiansens ein britisches Spielzeug (entwickelt von einem Mann namens Hilary Fisher Page) abgewandelt und verbessert. Diese ersten Lego-Steine sahen noch etwas anders aus als die heutigen, weil sie noch keine Röhrchen im Inneren hatten. (Wenn Sie heutzutage über Klemmbausteine ohne diese Röhrchen stolpern, sind diese entweder eine sehr billige Kopie oder wirklich alt.)

Ohne diese Ergänzung hielten die Bauten allerdings sehr schlecht, weshalb der Erfolg des Produkts sich zunächst sehr in Grenzen hielt. Diese Innovation wurde erst 1958 von Godtfred Kirk Christiansen entwickelt und patentiert, um die Klemmkraft der Steine deutlich zu erhöhen. Diese Verbesserung mag banal erscheinen, aber für den Siegeszug der Lego-Steine war sie essenziell.

Dass Godtfred Kirk Christiansen in der Position war, um diese Neuerung einzuführen, lag an seiner neuen Rolle in der Firma. Ab 1950 war er Junior-Vizepräsident von Lego. Zwei Jahre später kam es zu einem großen Streit mit seinem Vater über die Expansionsmöglichkeiten der Firma, woraufhin Godtfred Kirk Christiansen zunächst sein Amt niederlegte. Im Laufe der Jahre söhnte er sich mit dem Vater wieder aus und übernahm 1957 die Leitung der Firma, als dieser langsam alt und krank wurde.

Am 4. Februar 1960 verabschiedete sich Lego dann höchst unfreiwillig von seiner Holzsparte: Die Fabrik für die Holzverarbeitung brannte nieder. Um nach dem Verlust von derart viel Wert und Produktionsmittel aus diesem Tief wieder herauszukommen, entschied sich Godtfred Kirk Christiansen von nun an ausschließlich auf Kunststoffspielzeug zu setzen.

Der neue Chef war fest vom Potential der Steine überzeugt und wollte diese zu einem Standardspielzeug für Jungen und Mädchen machen. (Ein Spielzeug, welches sich an beide Geschlechter wendet, war damals durchaus nichts Selbstverständliches.) Seine Vision setzte er dabei in der Produktlinie konsequent um. Entgegen der Wünsche aus dem Markt brachte Lego beispielsweise nur wenige Grüntöne für seine Steine heraus. Als Pazifist wollte Godtfred Kirk Christiansen Kinder nicht animieren, militärische Tarnmuster zu bauen. Aus demselben Grund gab es zwar bald jede Menge Waffen von Cowboys, Rittern, Piraten usw., aber zeitaktuelle Waffen wurden bis heute nicht von Lego auf den Markt gebracht. Kirk Christiansen etablierte diese Firmenkultur, auch wenn sie erst 2010 zur offiziellen Richtlinie erhoben wurde.

Der Erfolg gab Kirk Christiansen Recht. Die Lego-Steine traten einen massiven Siegeszug an – zunächst in Europa, dann in Amerika, später im Rest der Welt. Das Interesse an den kleinen Steinen war derart groß, dass Kirk Christiansen den Bau des Legolands in Auftrag gab. Es sollte 1968 seine Tore für die Öffentlichkeit öffnen. Kennen Sie ein anderes Spielzeug, für das Themenparks eröffnet wurden?

Der Architekt dieses Erfolgs verließ seinen Posten 1973 als Konzernchef, blieb jedoch noch bis 1993 im Vorstand.

Als Privatperson war Christiansen verheiratet und hatte drei Kinder. Sein Sohn Kjeld Kirk Kristiansen stand dann von 1979 bis 2004 an der Spitze von Lego. Godtfred Kirk Christiansen verstarb am 13. Juli 1995 in Billund.

2 Kommentare zu „Godtfred Kirk Christiansen, Vater der Lego-Steine

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  1. Eigentlich hießen alle drei „Kristiansen“ laut Geburtsurkunde. Ole hat in seinem Leben beide Schreibweisen benutzt. Zu seinen Zeiten war das noch gleichwertig. Godtfred hat nur die Ch-Schreibweise benutzt und seinen Namen im Jahr 1979, gegen Ende seines Berufslebens, offiziell auf Christiansen umschreiben lassen. Kjeld benutzt also seinen korrekten Namen.
    Abgesehen davon ist der korrekte Nachname „Kirk Kristiansen“. Dänen haben oft zwei Nachnamen ohne Bindestrich dazwischen. Leider wird in deutschen Medien dann nur der letzte Name genannt, worüber die Dänen sich berechtigterweise beschweren. Poul Nyrup Rasmussen, Ex-Ministerpräsident von Dänemark, wurde in deutschen Nachrichten immer als Herr Rasmussen bezeichnet.

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    1. Vielen, vielen Dank für den Hinweis. Ich komme zwar aus Norddeutschland, spreche jedoch leider keinerlei Dänisch. Ich habe das oben umgesetzt. (Wobei ich das Thema der Schreibweise des Namens besser ganz gestrichen habe. Ich versuchte, es einzubauen, und es lenkte vom roten Faden zu sehr ab.)

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