Rosalind Franklin, Entschlüsslerin der Doppelhelix

Name: Rosalind Elsie Franklin

Lebensdaten: 25. Juli 1920 in London bis 16. April 1958 ebenda

In aller Kürze: Rosalind Franklin war eine Biochemikerin und Expertin für Röntgenstrukturanalyse. Damit entschlüsselte sie die Doppelhelixstruktur der DNS. Als Frau in der Wissenschaft musste sie ständig um Respekt und Anerkennung kämpfen.

Im Detail: Warum sehen Kinder ihren Eltern ähnlich? Diese Frage treibt die Menschheit schon ziemlich lange um und die Antwort darauf ist überraschend jung. Dass Vererbung über die Desoxyribonukleinsäure (kurz: DNS oder DNA) geschieht, war lange Zeit unbekannt. Auch als Forscher dieses Molekül als Kandidaten ins Spiel brachten, gab es dafür keine guten Belege, weil man keine Ahnung hatte, wie dieses Molekül das Kunststück der Vererbung denn vollbringen sollte. Erst als die Struktur der DNS aufgeklärt wurde und man die Doppelhelix sah, die wir heute alle kennen, erst dann wurde die moderne Genetik geboren.

Dieser Schritt war das Resultat der Arbeit mehrerer Wissenschaftler, welche in die Annalen eingingen: Francis Crick, Maurice Wilkins und James Watson, die 1962 den Nobelpreis dafür erhielten. Doch ganz zentral war eine Forscherin, die über Jahrzehnte kaum Beachtung bekam, vor allem, weil sie eine Frau war. Das war Rosalind Franklin.

Sie wurde am 25. Juli 1920 in London geboren und fiel bald als brillantes Mädchen auf. Bspw. rechnete sie aus purer Freude an Zahlen. Dass sie darauf eine wissenschaftliche Karriere aufbauen konnte, war für eine Frau damals nicht selbstverständlich. Dass ihre Eltern politisch sehr einflussreich waren (ihr Vater saß im britischen Kabinett, ihre Mutter war sehr aktiv in der Frauenrechtsbewegung), war hier eine große Hilfe. So ging sie auf die besten Schulen – unter anderem die St.-Paul-Mädchenschule. Das war insofern wichtig, als dass das eine der wenigen Londoner Mädchenschulen war, die damals Physik und Chemie unterrichteten. Rosalind Franklin war häufig Klassenbeste und sammelte jede Menge Auszeichnungen ein.

Als sie 1938 ihren Abschluss machte, wurde ihr als besonderes Lob sofort ein Stipendium zugesprochen, damit sie studieren könne. Da Franklins Familie gut betucht war, benötigte sie das Geld nicht und ihr Vater bat die Schule, das Stipendium an einen Flüchtingsstudenten zu geben.

Rosalind Franklin studierte dann Chemie in Cambridge und erlangte 1941 so etwas wie einen Bachelor-Abschluss. (Damals durften Frauen in Cambridge noch keinen Bachelor-Abschluss bekommen, sondern nur etwas Äquivalentes. Das änderte sich erst 1947, wodurch ihr der Titel nachträglich verliehen wurde.)

Nach ihrem Abschluss ging sie zuerst ans Newnham College und arbeitete für ein Jahr unter Ronald George Wreyford Norrish, wo sie ziemlich schlecht behandelt wurde. In diesem Fall aber vermutlich weniger, weil sie eine Frau war, sondern weil Norrish allgemein ein überempfindlicher Wüstling war, der zunehmend in den Alkoholismus versank.

Dort zu kündigen hatte den Effekt, dass Rosalind Franklin plötzlich in der Pflicht stand, den Kriegsanstrengungen gegen Nazi-Deutschland zu helfen. (Ob sie damit ein Problem hatte, ist mehr als fragwürdig, denn sie war selbst Jüdin und mit jüdischen und französischen Flüchtlingen befreundet.)

So arbeitete sie in der Forschung an Kohle und der Sorption von Gasen in Kohlematerialien. Das half nicht nur in der Entwicklung besserer Gasmasken, es wurde auch die Grundlage ihrer Doktorarbeit. Ihren Doktorgrad erhielt die brillante Frau 1945.

Da zu ihren vielen Kenntnissen auch fließendes Französisch gehörte, konnte sie nach dem Krieg zur Forschung nach Paris gehen. Dort arbeitete Franklin weiterhin an Kohle, aber mit einer ganz anderen Technik: Von Jacques Mering (einer Koryphäe auf diesem Gebiet) lernte sie die Röntgenbeugung kennen.

Die Röntgenbeugung ist eine Methode, um herauszufinden, wie Atome in einer Struktur angeordnet sind. Ähnlich wie sichtbares Licht an den Seifenschichten einer Seifenblase gebeugt wird (dadurch entsteht das Regenbogenschimmern am Rand der Blase), wird Röntgenlicht an Atomschichten gebeugt. Aus den Beugungsmustern kann man die Struktur erschließen.

Ihre Kenntnisse in dieser Technik brachte Rosalind Franklin 1950 zurück nach London, wo sie dann ab 1951 in der Biophysik forschte. Ursprünglich sollte sie an Proteinen und Lipiden (d. h. Eiweißen und Fetten) arbeiten, wurde dann aber vom Leiter der Abteilung, John Randall, an die Aufklärung der DNS gesetzt.

Dass Randall die bisherigen Forscher in diesem Projekt, Maurice Wilkins und Raymond Gosling, vorher nicht fragte, war der erste Stein des Anstoßes. Weiter würden folgen.

Franklin verbesserte die Messtechnik erheblich. Und ihre Erfolge ließen sich nicht abstreiten. Die helikale (= schraubenartige) Struktur der DNS konnte sie bereits 1951 nachweisen. Sie vermittelte ihr Wissen aber mit einer gewissen Forschheit und Überheblichkeit, was in einer männerdominierten Forschungswelt einerseits notwendig war, ihr andererseits aber auch jede Menge Feinde machte.

Es dauerte noch mehrere Jahre, bis die Doppelhelix des DNS aufgeklärt wurde. Ihre Konkurrenten waren hier James Watson und Francis Crick. James Watson besuchte Franklin gar in ihrem Labor und wollte ihr erklären, wie sie ihre eigenen Messdaten zu interpretieren habe. Die Forscherin reagierte ungehalten, woraufhin sich Watson schleunigst entfernte. Er traf dann Maurice Wilkins, der von Franklin weiterhin nicht begeistert wer, und dieser zeigte Watson eine noch nicht veröffentlichte Aufnahme, die Rosalind Franklin angefertigt hatte.

Auf Grundlage dieser erschlichenen Resultate konnten Watson und Crick ihr Modell der Doppelhelix aufbauen und die DNS-Struktur publizieren. Auch Franklin und Wilkins veröffentlichten fundamentale Arbeiten dazu (Franklins Artikel traf sogar noch vor dem von Watson und Crick beim Journal ein). Damit waren die Grundlagen der modernen Genetik geschaffen, vom genetischen Fingerabdruck und dem Vaterschaftstest bis zur modernen Gentechnologie, die uns unter anderem den SARS-CoV-2-Impfstoff ermöglichte.

Franklin forschte danach auch an anderen Objekten mit Röntgenstrahlen und arbeitete unter anderem an Polioviren.

Rosalind Franklin bekam für ihre Leistungen, die sich Watson zumindest teilweise erschlichen hatte, kaum Anerkennung. Als Frau wurde sie kaum ernstgenommen und ihr Charakter half auch nicht. Dementsprechend wurde ihre Expertise wenig gewürdigt. Bis zu ihrem Tode wurde Franklin oft in der Akademia nicht ernstgenommen.

Man sollte dieses Problem aber auch nicht überstrapazieren. Nicht alle Hürden in ihrem Leben gingen auf Franklins Geschlecht zurück. (Und sie sah sich selbst nicht als Feministin.) Besonders zu beachten ist hier der Nobelpreis, den Francis Crick, Maurice Wilkins und James Watson sich für die Aufklärung der DNS-Struktur teilten, ohne dass Rosalind Franklin in Stockholm geehrt wurde. Weil Franklin eben immer wieder diskriminiert wurde, hält sich das Gerücht, sie wäre von dieser Ehrung wegen ihres Geschlechts ausgeschlossen worden. Das ist aber nicht richtig. Zu jenem Zeitpunkt (1962) war Franklin einfach bereits verstorben und der Nobelpreis war als Förderpreis gedacht und sollte nicht posthum verliehen werden.

Rosalind Franklins nonkonformistische Einstellung bezog sich nämlich leider auch auf den Arbeitsschutz. Sie ignorierte daher Strahlenschutzvorschriften und führte regelmäßig Röntgenexperimente ohne Bleischürze durch. Am 16. April 1958 verstarb sie an mehreren Tumoren im Unterleib.

Dass zu jenem Zeitpunkt noch kaum jemand die Bedeutung der DNS-Struktur erkannte, zeigt sich auch an ihrem Grabstein. Dort steht nichts zur DNS, sondern er würdigt ihre Arbeit an Viren. Heute dagegen ist die Doppelhelix, die Franklin aufklärte, so sehr im Allgemeinwissen, dass wir uns selten fragen, wer sie eigentlich entdeckte.

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