Charles Ponzi, der klassische Trickbetrüger

Name: Charles Ponzi (geboren: Carlo Pietro Giovanni Guglielmo Tebaldo Ponzi)

Lebensdaten: 3. März 1882 in Lugo, Norditalien bis 15. Januar 1949 in Rio de Janeiro

In aller Kürze: Charles Ponzi war ein legendärer Betrüger, der tausende von Leuten um ihre Ersparnisse brachte. Seine Methode heißt bis heute nach ihm „Ponzi-Masche“.

Im Detail: In der kleinen, norditalienischen Stadt Lugo wurde am 3. März 1882 ein Junge geboren, welcher zu einem der berühmtesten Trickbetrüger der Neuzeit werden sollte. Sein Geburtsname lautete Carlo Pietro Giovanni Guglielmo Tebaldo Ponzi. Er entstammte einer Familie in einer ungewöhnlichen Finanzlage: Während seine Vorfahren noch im Wohlstand lebten, hatte die Familie Ponzi ihr Vermögen zum Zeitpunkt von Carlos Geburt bereits verloren. Als junger Mann arbeitete er zunächst als ein einfacher Postbeamter. Kurz darauf wurde er dann an der Universität La Sapienza in Rom angenommen.

Während des Studiums zeigten sich zwei Charaktereigenschaften Ponzis, die für sein späteres Leben bezeichnend sein sollten: Er war wenig motiviert, für seinen Erfolg zu arbeiten. Außerdem sehnte er sich nach dem Luxuslebensstil seiner Vorfahren und konnte einfach nicht mit Geld umgehen. So fand er viele Freunde aus reichen Familien und ging mit ihnen Feiern und Trinken. Nach vier Jahren Studium hatte Carlos Ponzi keinerlei Abschluss vorzuweisen und war völlig pleite.

Seine Familie war wenig begeistert, sah in Ponzis Charme und Charisma aber auch eine Chance, ihren verlorenen Reichtum wiederzuerlangen. Zu jener Zeit waren die Zeitungsberichte voll von Geschichten über junge Italiener, die in die USA gegangen und als reiche Männer zurückgekommen waren. So schickte seine Familie ihn nach Amerika – 1903 schiffte er in Boston ein.

Seine Ankunft in der Stadt im Bundesstaat Massachusetts war bezeichnend für Ponzis Charakter: Seine Familie hatte ihn mit einigem Kapital losgeschickt, doch davon waren nur wenige Dollar übriggeblieben. Den Großteil hatte Ponzi auf seiner Seereise verzockt.

In den Vereinigten Staaten angekommen, nahm Carlos den englischen Namen Charles an. Hier offenbarte sich sein größtes Talent. Beredet und sprachbegabt erlernte er rasch die englische Sprache. Doch wirklichen Nutzen konnte er aus seiner Silberzunge erst Jahre später schlagen.

Zunächst hielt er sich mit kleinen Gelegenheitsjobs über Wasser. In einem Restaurant begann er (dem Klischee des amerikanischen Traums entsprechend) als Tellerwäscher. Er konnte sich jedoch vorerst nicht zum Millionär hocharbeiten, sondern schaffte es nur zum Kellner und wurde dann wegen Diebstahls und des Betrügens von Kunden gefeuert.

1907 wanderte Ponzi erneut aus: Nachdem er in den USA nicht hatte Fuß fassen können, zog er nach Montreal in Kanada. Dort halfen ihm seine Sprachfertigkeiten in Italienisch, Englisch und Französisch bei einer örtlichen Bank angestellt zu werden. Diese hatte sich auf italienische Immigranten als Klientel spezialisiert.

Einen Zyniker mag es nicht überraschen, dass Ponzi seine legendäre Betrugsmasche gerade bei einer Bank erlernte. Heute nennen wir diese Technik die „Ponzi-Masche“ (engl. „Ponzi scheme“), aber schon der Bankdirektor Zarossi wendete sie an.

Was also ist die Ponzi-Masche? Dabei handelt es sich um einen Betrug, bei dem man Investoren enorme Gewinne verspricht. So zahlte Zarossi satte 6 % jährliche Zinsen auf Einlagen. Damit musste Zarossi genügend Geld auftreiben, um diese Verpflichtungen bedienen zu können, obwohl das bei der damaligen wirtschaftlichen Entwicklung enormen Geschäftssinn, viel Gespür und auch jede Menge pures Glück erfordert hätte. In Wirklichkeit hatte sich die Bank mit faulen Immobiliengeschäften in eine prekäre Lage gebraucht, was der Direktor jedoch geheim hielt.

Trotzdem konnte Zarossi diese Zinsen zunächst ohne Schwierigkeiten zahlen, er blieb nicht etwa sofort säumig. Wie ihm das gelang, ist der zentrale Trick dessen, was später nach Zarossis bestem Schüler als Ponzi-Masche in die Geschichte eingehen sollte: Durch seine satten Zinsen konnte er immer mehr Kunden und Einzahlungen gewinnen. Mit diesem Geld der späteren Kunden zahlte er die früheren Kunden aus. Das ganze Prinzip ist also ein Schneeballsystem.

Und es kann nicht ewig funktionieren. Solange immer weitere Kunden hinzukommen, läuft die Masche weiter. Aber sobald der Zustrom abnimmt, beispielsweise weil der Betrüger den Pool an Leichtgläubigen erschöpft hat oder die Opfer Verdacht schöpfen, kollabiert das System.

Der Betrüger muss also den richtigen Zeitpunkt finden, um sich mit dem angelegten Geld aus dem Staub zu machen. Das tat auch Zarossi und floh mit dem Geld nach Mexiko.

Damit stand Charles Ponzi allein und mittellos dar. Ein wenig Rückgrat zeigte er, indem er versuchte, die Familie zu unterstützen, die Zarossi zurückgelassen hatte. Der Mann war ein Krimineller, aber kein bloßes Monster. Doch da Ponzi eben genauso ohne Geld zurückgelassen worden war, fiel ihm nur ein Mittel ein: Er fälschte einen Scheck.

Dabei wurde er erwischt und gestand sofort. Nach drei Jahren Haft in einem kanadischen Gefängnis wollte Ponzi 1911 zurück in die USA, schloss sich dann aber direkt wieder dem Verbrechen an und half illegalen italienischen Einwanderern über die Grenze. Er wurde praktisch sofort geschnappt und musste wieder für zwei Jahre hinter Gitter, diesmal in ein amerikanisches Gefängnis. In diesem Gefängnis lernte Ponzi einen Wall-Street-Geschäftsmann kennen und lernte von ihm neue Täuschungstaktiken, wie er Opfer selbstsicher blenden konnte.

Wieder frei arbeitete Charles Ponzi zunächst als Krankenpfleger in einer Minenanlage. Diesen Job verlor Ponzi auf ehrenhafte Weise, was wieder einmal die Komplexität seines Charakters unterstreicht. Eine andere Pflegerin erlitt schwere Verbrennungen, woraufhin sich Ponzi freiwillig meldete, ihr eine große Menge seiner Haut zu spenden, die in einer aufwendigen Operation transplantiert wurde. Aufgrund der Komplikationen nach diesem Eingriff, konnte Ponzi seine Arbeit nicht tun und wurde entlassen.

In den Jahren danach sprang Ponzi von Job zu Job. Er fand auch eine Ehefrau, ebenfalls mit italienischem Migrationshintergrund, die er 1918 heiratete. Weitere Geschäftsideen von Charles scheiterten leider ebenfalls. Er versuchte sogar, das Geschäft seiner Schwiegerfamilie zu übernehmen und zu retten, aber es ging dennoch bankrott.

Doch dann stolperte Ponzi auf eine zu verlockende Gelegenheit: Anders als heute war internationaler Schriftverkehr damals noch auf Papier angewiesen. Briefe flossen in rauen Mengen zwischen Staaten hin und her, und Briefmarken wurden wie Ersatzgeldscheine verwendet. Zu diesem Zwecke gab es einen Mechanismus, mit dem ein Kunde in einem Land Porto für ein anderes kaufen konnte. Nun erfuhr Ponzi, dass die Wechselkurse für diese Käufe aus dem Ausland festgelegt waren und an die Inflationspreise in Europa nach dem Ersten Weltkrieg noch nicht angepasst worden waren. Hier könnte man eine Art indirekten Devisenhandel betreiben – potentiell mit satten 400 % Profit.

Man sollte vielleicht betonen, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Plan komplett legal gewesen wäre. Ob er funktioniert hätte, ist eine ganz andere Frage. Der Wechselkurs wird früher oder später angepasst. Außerdem gab es keinen klaren Mechanismus, um diese gekauften Portoscheine wieder in Geld zurückzutauschen. Aber verboten war und ist dies Art Geschäft nicht.

Um es überhaupt zu versuchen, brauchte Charles Ponzi natürlich erst einmal Kapital. Leider wollte keine Bank dieses Risiko eingehen und er konnte keinen Kredit bekommen. Deshalb begann er, Geld von Privatinvestoren zu sammeln. Mit enormen Renditen im Auge, konnte Ponzi den Investoren absurde Gewinnen versprechen: Verdoppelung der Einlage nach 90 Tagen. Die ersten dieser Investoren konnte er wie versprochen auszahlen. Im Januar 1920 gründete er dann ganz offiziell die Securities Exchange Company.

Irgendwann auf dem Wege dorthin hatte Charles Ponzi sein Geschäftsmodell jedoch geändert: Es funktionierte jetzt nach der oben beschriebenen Betrugstaktik. Er erzielte Scheingewinne, indem er alte Investoren mit den Einlagen der neuen auszahlte.

Innerhalb kürzester Zeit sprach sich Ponzis Erfolg herum. Binnen weniger Monate stiegen die Einlagen in die Millionen. Nach sechs Monaten waren es bereits 2,5 Millionen Dollar (heute ca. 35 Millionen Dollar). Der ganze Betrug konnte von Natur aus nur solange weiterlaufen, wie in rauen Mengen weiteres Geld investiert wurde. Deshalb stellte Ponzi sogar Leute ein, um weitere Investoren zu gewinnen. Mit Erfolg: Leute nahmen Kredite auf ihr Haus auf oder investieren ihr gesamtes Erspartes, um dem Betrüger weiteres Geld zu geben. Die Hoffnung auf schnellen Gewinn war einfach zu verlockend.

Trotzdem war Charles Ponzi völlig klar, dass diese Masche nicht ewig weitergehen könnte. Hinter den Kulissen versuchte er, seinen Portotrick doch noch irgendwie umsetzen zu können. Er führte sogar die feindliche Übernahme einer etablierten Bank durch, um das versprochene Finanzwunder irgendwie geschehen zu lassen. Doch all dies half nicht. Am Ende blieb das ganze Geschäft ein Betrug, der früher oder später kollabieren musste.

Eigentlich hätte das jedem vernünftigen Beobachter auffallen müssen. Klar, der angebliche Posttrick funktionierte auf dem Papier, aber nie im Leben hätte man Millionen von Dollar in Portoscheinen umsetzen können. Mit der Zeit schöpften mehr und mehr kluge Köpfe Verdacht, dass der mittlerweile im Luxus lebende Ponzi hier tausende von Menschen betrug. Die ersten Kritiker konnte der Betrüger erfolgreich wegen angeblichen Rufmords verklagen. Trotzdem stimmte es mehr und mehr Leute misstrauisch, wie hier ein praktisch bankrotter, ehemaliger Häftling innerhalb weniger Monate zu genug Reichtum gekommen war, um sich eine Villa und das teuerste Auto seiner Zeit zu kaufen.

Die ersten Erschütterungen konnte Charles Ponzi nach abfedern, aber am 26. Juli 1920 deckte eine Zeitung auf, wie absurd unrealistisch Ponzis Posttrick bei solchen Beträgen in Wirklichkeit wäre. Der Betrüger versuchte, seine Investoren zu beschwichtigen, indem er einiges Geld ausschüttete, aber leider hatte der Artikel die Aufmerksamkeit einer Institution geweckt, die weit schwieriger mit Geld loszuwerden war: der Staatsanwaltschaft.

Um sich zu retten, stellte Ponzi einen Journalisten an, um Positives über ihn zu schreiben. Zu Ponzis Unglück hatte der Mann jedoch ein Gewissen. Als er herausfand, dass sein Auftraggeber ein Betrüger war, verkaufte er die Wahrheit an die Zeitung.

Am 11. August 1920, kaum acht Monate nach der Gründung der Securities Exchange Company, kollabierte dann das gesamte Unternehmen. Einen Tag später wurde Charles Ponzi verhaftet.

Der Schaden des Betrugs war enorm. Tausende von Privatinvestoren waren schlagartig mittellos. Sechs Banken in Boston kollabierten. Dadurch wurde Charles Ponzi legendär, ähnlich wie hierzulande der Hauptmann von Köpenick. Heute heißt diese Form von Betrug im gesamten englischsprachigen Raum „Ponzi-Masche“ (engl. „Ponzi scheme“).

Dieser Begriff wird nicht nur für klassische Ponzi-Maschen verwendet (bspw. Bernie Madoffs Betrug, der 2008 kollabierte), er wird auch im übertragenen Sinne benutzt. Die Wirtschaft des Nationalsozialismus, in dem Deutschland stets nur solange nicht pleiteging, wie es immer neue Länder überfiel, wird ebenfalls gelegentlich als völkermordende Version einer Ponzi-Masche beschrieben.

Auch US-amerikanische Vorstädte werden von Städteplanern als Ponzi-Masche kritisiert. Das Geld für den Bau der Vorstädte kommt vom Bund, wogegen der Unterhalt von der Stadt kommen muss. Dadurch macht die Stadt vorerst sehr viel Geld damit, eine Vorstadtsiedlung zu bauen. Wenn die Vorstadt langsam verfällt und immer mehr im Unterhalt kostet, kann sich die Stadt nur flüssig halten, indem sie noch mehr Vorstadt baut. Das Ergebnis ist eine Art Einzelhaushölle voller kaputter Straßen, in der jeder auf ein Auto angewiesen ist, die lokale Arm-Reich-Schere absurd steigt und die Helikoptereltern regieren, weil die reinen Autostraßen Kindern jede Form von Selbstständigkeit verwehren. (Aufgrund der vielen Vorstädte ist das Stadtbild derart entzerrt, dass Fahrrad, Fußweg oder öffentliche Verkehrsmittel praktisch unmöglich sind. Es wird niemanden überraschen, dass dieser Trend nicht nur eine metaphorische Ponzi-Masche darstellt, sondern auch von der Autolobby laut befürwortet wird.)

Charles Ponzi mag sich damit verewigt haben, aber zunächst einmal landete er für Jahre im Gefängnis. Erst 1934 kam er frei und wurde sofort nach Italien ausgewiesen. Seine Frau blieb übrigens in den USA und ließ sich 1937 von ihm scheiden.

In Italien versuchte Ponzi sich wieder als Betrüger, jedoch ohne großen Erfolg. Irgendwann fand er einen Job in Brasilien. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieg saß er dann in dem südamerikanischen Land fest. Dort fiel er wieder in die Armut, während seine Gesundheit immer weiter abnahm. So konnte er auch nach dem Kriege nicht nach Italien zurückkehren, weil er es sich einfach nicht leisten konnte. Charles Ponzi verstarb am 18. Januar 1949 in Rio de Janeiro.

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