Wie schon in Teil 1, Teil 2 und Teil 3 bemerkt, gibt es eine Reihe von bekannten Dingen, die offensichtlich nach jemandem benannt wurden. Nur nach wem, dieses Wissen ist oft weniger weit verbreitet.
Deshalb hier eine kurze Liste von Unprominenten, nach denen bekannte Dinge benannt sind:
Als Cardigan wird eine Strickjacke bezeichnet wegen des Generals James Brudenell, 7. Earl of Cardigan. Dieser führte im Krimkrieg die britischen Truppen in der Schlacht bei Balaklawa. Die Schlacht hatte zwar keinen klaren Gewinner, wurde aber durch die britische Propaganda stark mystifiziert. Angeblich trugen britischen Truppen diese besonderen Strickjacken, weshalb sie unter den britischen Nationalisten bald den Namen des Generals bekamen.
Der Doppler-Effekt beschreibt, dass die Frequenz einer Welle (sei es Schall, Licht oder eine andere) sich erhöht, wenn sie auf einen zukommt, und sich verringert, wenn sie sich entfernt. Sie kennen das Phänomen vom Martinshorn, welches höher klingt, wenn der Krankenwagen sich nähert, und tiefer, wenn er sich entfernt. Entdeckt wurde dieser Effekt von dem Astronomen Christian Doppler, der damit 1842 die Farben von Doppelsternen erklärte. (Aus heutiger Sicht ist es womöglich überraschend, dass der Doppler-Effekt zuerst an Licht und nicht an Schall entdeckt wurde. Das liegt daran, dass wir schnelle Fahrzeuge heute für alltäglich halten, was sie im neunzehnten Jahrhundert erst langsam wurden.)
Die Einheit Grad Fahrenheit geht auf den Physiker Daniel Gabriel Fahrenheit zurück, der ab 1714 Thermometer mit dieser Skala herstellte. Um negative Zahlen zu vermeiden, legte Fahrenheit den Nullpunkt auf die tiefste Temperatur, die er mit einer Salz-Eis-Mischung erzeugen konnte. Als weitere Fixpunkte wählte er den Schmelzpunkt von Wasser mit 32 °F und die Körpertemperatur eines gesunden Menschen mit 96 °F. Während der mittlere Fixpunkt hinkommt, sind beide anderen mehr als nur etwas seltsam. Zunächst einmal gibt es sehr wohl Temperaturen unter 0 °F (= -17,8 °C). Vor allem aber liegen 96 °F (= 35,6 °C) zu niedrig für einen gesunden Menschen. Letzteres könnte verschiedene Ursachen haben: Einerseits war es mit damaligen Mitteln gar nicht so einfach, die Kerntemperatur eines Patienten zu messen. Andererseits sind die 96 °F keine willkürliche Zahl. 96 ist 8 mal 12; und es war mit den damaligen Techniken der Instrumentenherstellung (natürlich Handarbeit) relativ einfach, einen Abschnitt mit hoher Genauigkeit zu achteln oder zu zwölfteln (eigentlich zu vierteln und anschließend zu dritteln). Insofern kann es sein, dass Daniel Fahrenheit vor allem mit den Punkten Kältemischung und Schmelzpunkt von Wasser arbeitete und die Körpertemperatur des Menschen so ungefähr extrapolierte, um die Zahl 96 zu erhalten. Diese chaotischen Umstände sorgen dafür, dass der Grad Fahrenheit heute nur noch in den USA, in Belize und auf den Bahamas und den Cayman Islands offiziell verwendet wird. (Beim beliebten Spott über amerikanische Einheiten muss man den Amerikanern allerdings zugestehen, dass diese Skala zwar wenig mit physikalischer Temperatur zu tun hat, aber die Bandbreite menschlichen Wetterempfindens ganz gut absteckt: 0 °F sind schweinekalt und 100 °F sind echt heiß.)
Der Geigerzähler trägt seinen Namen nach seinem Erfinder Hans Geiger. Weil wichtige Beiträge von Geigers Mitarbeiter Walther Müller erbracht wurden, spricht man unter Fachleuten übrigens vom „Geiger-Müller-Zählrohr“.
Die Einheit Hertz, die eine Frequenz von einem Ereignis pro Sekunde beschreibt, ist benannt nach dem Physiker Heinrich Rudolf Hertz. Seine jahrelange Arbeit an Funkwellen in Theorie und Praxis brachte ihm diese Ehre ein.
Der Begriff Knigge, der in Deutschland für Benimmt steht, geht auf Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge zurück. Das ist eigentlich ein sprichwörtlich gewordenes Missverständnis, denn Knigges Hauptwerk Über den Umgang mit Menschen ist mitnichten ein Buch über Etikette, sondern über Ethik. Als Werk der Aufklärung ging es nicht darum, die Leser höflicher, sondern moralischer zu machen.
Wie bereits im letzten Teil dieser Reihe für Granny-Smith-Äpfel erklärt, entstehen neue Apfelsorten, wenn man Äpfel nicht veredelt (also klont), sondern geschlechtlich fortpflanzt. In der Neuen Welt machten das die Siedler in großer Zahl, weil man vielerorts per Gesetz verpflichtet war, Obstbäume zu besitzen, und Apfelkerne zu pflanzen geht schneller als Veredeln. Dass die Äpfel selten genießbar waren, deckte das Gesetz nicht ab. Durch Zufall entstand im 19. Jahrhundert eine neue Apfelsorte, welche zwischen 1810 und 1820 durch den Landwirt John McIntosh entdeckt und verbreitet wurde. Nach ihm sind die vor allem in Amerika sehr beliebten McIntosh-Äpfel benannt. Und nach dieser Apfelsorte wiederum benannte das Unternehmen Apple seinen ersten Rechner mit grafischer Benutzeroberfläche Macintosh. (Die abgewandelte Schreibweise sollte Probleme mit dem Markenrecht umgehen.)
Wo wir gerade bei Konzernen sind: Dr. August Oetker war eigentlich studierter und promovierter Botaniker, war jedoch auch der Sohn eines Bäckermeisters. So kam es, dass er neue Treibmittel für Teige entwickelte und 1893 sein Backpulver auf den Markt brachte. Bis heute ist die Marke Dr. Oetker vor allem in Deutschland sehr bekannt.
Wie auch der Cardigan trägt der Raglanärmel seinen Namen nach einem Feldherrn im Krimkrieg: Fitzroy Somerset, 1. Baron Raglan. Lord Raglan trug einen Mantel mit Ärmeln dieser Schnittform (nicht an den Schultern angesetzt, sondern schräg bis zur Kragennaht geschneidert), weil er in der Schlacht bei Waterloo seinen rechten Arm knapp oberhalb des Ellenbogens verloren hatte. Diese Raglanärmel erleichterten es ihm, den Mantel mit einem Arm anzuziehen.
Um die Reihe der Konsumprodukte zu vervollständigen, welche nach britischem Adel benannt wurden: Das Sandwich trägt seinen Namen, weil der Diplomat und Staatsmann John Montagu, 4. Earl of Sandwich sich angeblich Brote auf diese Weise zubereiten ließ, damit er essen konnte, ohne sein geliebtes Kartenspiel zu unterbrechen. Er war wohl ein ziemlicher Zocker und begeisterter Cribbage-Spieler. Sandwich war schon in seiner Zeit sehr einflussreich – Postmaster General, Erster Lord der Admiralität, Secretary of State – weshalb auch zu seinen Lebzeiten Dinge nach ihm benannt wurden, die heute etwas seltsam klingen: Weder die Südlichen Sandwichinseln (Inselkette im Südatlantik), noch die Nördlichen Sandwichinseln (James Cooks Name für Hawaii) tragen den Namen einer Brotmahlzeit.
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