Der Autor von Murphys Gesetz, Edward A. Murphy, Jr., war nicht der einzige Unprominente, dessen Name durch einen weisen Ausspruch in die Annalen einging. Wir präsentieren hier eine Reihe solcher Gesetze – in diesem letzten Teil für die Nachnamen von I bis Z. (Die ersten beiden Teile gibt es hier: A bis C, D bis H.) Strenggenommen kommen übrigens nur Nachnamen von L bis T vor, von I bis K und U bis Z fanden sich keine passenden Einträge.
Der Mathematikprofessor John Edensor Littlewood brachte uns Littlewoods Gesetz: „Man sollte erwarten, etwa einmal im Monat ein Wunder zu erleben.“ Die Aussage basiert darauf, wie viele separate Ereignisse man in einem Monat erlebt. Littlewood schätzte die Zahl auf etwa eine Million. Wenn man also annimmt, ein Wunder sei ein Ereignis mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 1.000.000, dann sollte man pro Monat ca. ein Wunder erleben. Es geschieht einfach so viel in unserem Leben, dass es wenig überraschen sollte, dass uns häufig auch sehr unwahrscheinliche Dinge passieren. Nur weiß man eben vorher nicht, welche, sonst wäre die Lotterie leicht zu gewinnen.
Das Pareto-Prinzip ist nach dem Ökonom Vilfredo Pareto benannt, auch wenn es von Joseph M. Juran in die Welt gesetzt wurde. Es besagt: „80 % der Effekte kommen von 20 % der Ursachen.“ Ein sehr abstraktes Konzept, das sich in viele Praxisfälle übertragen lässt: „80 % der Kunden erzeugen 20 % des Aufwands, und umgekehrt.“ „20 % der Kunden bringen 80 % der Einnahmen.“ „80 % der Aufgaben erzeugen 20 % der Arbeit, und umgekehrt.“ „80 % der Fälle kann man mit 20 % der Gesetze abdecken.“ Usw.
Sehr viel salopper ist da das Parkinson’sche Gesetz: „Arbeit dehnt sich aus, um die Zeit auszufüllen, die für ihre Erledigung bereitsteht.“ Es geht auf Cyril Northcote Parkinsons Beschreibung von Bürokratie zurück.
Ebenfalls in diese Richtung geht das Peter-Prinzip nach Laurence Johnston Peter: „In einer Hierarchie neigt jeder dazu, zu seinem persönlichen Rang der Inkompetenz aufzusteigen.“ Wer seinen Job noch gut macht, wird befördert, bis er auf einer Stufe ankommt, auf der er überfordert ist. Bei genügend langer Entwicklungszeit erreicht jede Hierarchie also ein Maximum, in dem fast jeder Mitarbeiter überfordert ist.
Der Astronom Carl Sagan formulierte den Anspruch eines guten Wissenschaftlers, bevor er eine Aussage glaubt: „Außergewöhnliche Behauptungen fordern außergewöhnliche Belege.“ Wir nennen dieses Prinzip auch den Sagan-Standard. Er gilt übrigens auch für einen selbst: Laut Sagan kann man nicht verlangen, dass einem irgendwer glaubt, wenn man keine guten Belege vorzuweisen hat. Und vielleicht sollte man die eigenen Überzeugungen ablegen, wenn man sie nicht gut belegen kann. Sagan verwies da zurecht darauf, wie fehlbar menschliche Beobachter sind.
Clay Shirky formulierte das Shirky-Prinzip: „Institutionen versuchen die Probleme zu erhalten, die sie lösen sollen.“ Damit, so Shirkys pessimistische Sichtweise, verhindere die Institution ihre eigene Abschaffung. Man beachte, dass dies nur für dauerhaft lösbare Probleme gilt. Institutionen, die Probleme lösen sollen, die aufgrund der Gesellschaft und/oder der menschlichen Natur immer wieder auftreten, brauchen diese Eigenschaft nicht. Die Polizei muss bspw. nicht damit rechnen, bald alles Verbrechern permanent bekämpft zu haben.
William Anthony Twyman gab uns Twymans Gesetz, das unerlässlich für den Umgang mit großen Datenmengen ist: „Jede Zahl, die interessant oder anders aussieht, ist für gewöhnlich falsch.“ Bei besonders extremen Ergebnissen ist die Wahrscheinlichkeit eines Messfehlers eben oft höher als die Wahrscheinlichkeit eines besonderen Datenpunkts oder einer bahnbrechenden Erkenntnis. Da sollte man besser noch einmal prüfen, denn möglich wäre es natürlich trotzdem (siehe oben unter Littlewoods Gesetz). Konsequenz: Weil Medien bevorzugt von besonderen Ergebnissen berichten, liegen diese leider oft falsch.
Wie auch den letzten Artikel dieser Reihe, schließen wir diesen wieder mit einer Litanei. Der Begriff Litanei von Tarski wurde von dem Blogger und Rationalisten Eliezer Yudkowsky geprägt für ein Konzept, dass der Mathematiker Alfred Tarski entwickelt hat:
Wenn X,
dann möchte ich glauben, dass X.
Wenn nicht X,
dann möchte ich nicht glauben, dass X.
Lass mich nicht an Überzeugungen hängen, die ich nicht will.
Tarski formulierte sie mit dem Beispiel, ob in einer Box ein Diamant sei, aber die Litanei lässt auf jeder Aussage X anwenden, die man womöglich lieber verdrängen möchte.
Wenn ich krank bin,
dann möchte ich glauben, dass ich krank bin.
Wenn ich nicht krank bin,
dann möchte ich nicht glauben, dass ich krank bin.
Die Litanei ist eine ständige Aufforderung an sich selbst, rational zu bleiben. Zusammen mit der Litanei von Gendlin stellt sie eine Erinnerung dar, dass es immer besser ist, die Welt so zu sehen, wie sie tatsächlich ist. Man kann sie aufsagen, um sich selbst aktiv dazu aufzurufen – angefangen bei großen Fragen (Wenn es einen Gott gibt / wenn es keinen Gott gibt…) über wichtige Themen (Wenn der Klimawandel von uns Menschen verursacht wird…) bis zu Kleinigkeiten, die einen trotzdem nervös machen mögen (Wenn der Inhalt dieses Briefs, den ich nicht öffnen will, schlecht ist…).